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Corona verschärft die Lage von venezolanischen Migranten in Peru

Sie flohen vor der Misere aus Venezuela nach Peru, doch dort wachsen schon lange die fremdenfeindlichen Ressentiments. Dann kam die Coronakrise - und die Lage für die rund 850.00 Flüchtlinge aus Venezuela in Peru wird immer prekärer. 

In Perus Hauptstadt Lima wird die Lage für die venezolanischen Flüchtlinge immer prekärer (Symbolbild: Stadtrandsiedlung in Lima)  Foto: Achim Pohl/ Adveniat

Venezolanische Migranten in Peru trifft die Coronakrise besonders hart. Sie erhalten keine staatlichen Hilfen, können aber auch nicht aus dem Land. "Am Anfang war es wunderschön hier", erinnert sich Alberto Guzman. Der Anfang - das war vor zweieinhalb Jahren, als der heute 30-jährige Mechaniker das krisengeschüttelte Venezuela verließ und in Peru sein Glück suchte.

Coronakrise: Keine Arbeit und Fremdenhass 

"Ich bekam schnell einen Job, die Leute waren nett", sagt Guzman. Doch das anfängliche Glück hielt nicht lange an. Fremdenfeindlichkeit gegen die vielen venezolanischen Migranten machte sich breit. Jetzt während der Coronakrise sei es noch schlimmer geworden. "Ihr Migranten habt das Virus ins Land gebracht", habe ihm eine Ladenbesitzerin ins Gesicht geschleudert.

Wie viele seiner Landsleute war auch Guzman im Straßenverkauf tätig. Vor Baumärkten pries er für eine Firma Gasflaschen an. Bis auch er am 15. März wie alle 32 Millionen Einwohner Perus unter Quarantäne gestellt wurde. Seitdem hat er keine Arbeit und auch kein Einkommen mehr.

Der nun seit sechs Wochen anhaltende drastische Lockdown, den die Regierung in Lima zum Schutz vor dem Virus verhängt hat, trifft vor allem jene 70 Prozent der Peruaner, die ohne festen Arbeitsvertrag und oft von ihren Tageseinnahmen leben. Für sie hat die Regierung mehrere Hilfspakete auf den Weg gebracht. Zuletzt kündigte Präsident Martin Vizcarra eine Zahlung von umgerechnet rund 200 Euro an alle bedürftigen Familien an. Ausgenommen: die rund 850.000 Flüchtlinge aus Venezuela.

Peru weist das Problem von sich

Binnen weniger Jahre ist Peru - nach Kolumbien - zum wichtigsten Zielland für venezolanische Flüchtlinge geworden. Die anfangs große Solidarität mit den Neuankömmlingen ebbte jedoch rasch ab. Angst vor Konkurrenz auf dem prekären Arbeitsmarkt und Medienberichte über kriminelle Venezolaner prägen heute das Meinungsbild. Kein Politiker in Peru kann heutzutage einen Blumentopf gewinnen, wenn er sich für Venezolaner einsetzt.

"Die Regierung streicht sie einfach von der Bildfläche, tut so, als ob es die Venezolaner nicht mehr gäbe", kommentiert Cecile Blouin, die am Menschenrechtsinstitut der Päpstlichen Katholischen Universität von Peru zu Migration forscht. "Wenn es nach dem Grad der Bedürftigkeit ginge, müssten auch die Migranten berücksichtigt werden. Sie sind in einer schrecklichen Lage während dieser Ausgangssperre", sagt Blouin.

Die Regierung in Lima dagegen verweist auf die internationale Gemeinschaft, die sich um die Migranten und Flüchtlinge kümmern soll. Das peruanische Büro des UN-Flüchtlingskommissariats hat 5.000 Lebensmittelpakete verteilt sowie Geldüberweisungen an 1.400 bedürftige Migrantenfamilien. Die internationale Gebergemeinschaft kommt nur langsam in Gang. Zum Hunger, so Federico Agusti, Leiter der peruanischen UN-Flüchtlingsbehörde, kommt vermehrt Obdachlosigkeit. "Viele Venezolaner können ihre Miete nicht mehr bezahlen und werden auf die Straße gesetzt."

Die Kirche hilft mit Essenspaketen 

Umso wichtiger, dass die Kirche hilft. Cecilia Chavez und ihr kleines Team von der Caritas Chosica - einem Bistum im westlichen Teil der Zehn-Millionen-Metropole Lima - treffen sich trotz allgemeiner Quarantäne jeden Tag in einer Kapelle im Viertel Santa Anita. Sie stellen Lebensmittelpakete für bedürftige venezolanische Familien zusammen - ein Projekt, das im November begann und das von der deutschen und der Schweizer Caritas gemeinsam finanziert wird. 330 Pakete monatlich können sie ausliefern. In ihrem Verzeichnis stehen mehr als 1.500 venezolanische Familien allein im Stadtteil Santa Anita. Und das sind nur Familien mit kleinen Kindern oder Kranken.

Viele Venezolaner seien verzweifelt, berichtet Chavez. "Sie haben keine Einkünfte, können ihre Miete nicht bezahlen, haben keine Netzwerke und können ihren darbenden Familien in Venezuela nichts schicken." Während die staatlichen Stellen venezolanische Migranten nicht berücksichtigen, macht die Kirche keinen Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden. "Wir haben bislang 800 Lebensmittelpakete verteilt, davon 200 an venezolanische Familien", sagt Pfarrer Juan Goicochea von der Pfarrei "Cristo Misionero" im Stadtteil Chorrillos. "Wir haben auch venezolanische Gemeindemitglieder, und viele Peruaner sind solidarisch mit ihnen", so Goicochea.

Trotz der drastischen Maßnahmen ist die Corona-Pandemie in Peru noch nicht eingedämmt. Die Ausgangssperre wurde deswegen bis 10. Mai verlängert - vorerst. Der Stillstand des Wirtschaftslebens ist für Peruaner wie Venezolaner existenzbedrohend. Viele Venezolaner würden in dieser Lage am liebsten nach Hause gehen. Auch Alberto Guzman hat oft daran gedacht, die mehrtägige Busfahrt nach Venezuela auf sich zu nehmen. Doch die Grenzen sind geschlossen. Und die Nachrichten, die er von seiner Familie erhält, sind auch nicht ermutigend. "Wir alle wollen zurück. Doch es gibt auch vieles, das uns davon abhält."

Autorin: Hildegard Willer (kna)

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