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Bolivien droht ein Wahlfiasko

Heftige Proteste erschüttern das südamerikanische Land. Die Opposition will den möglichen Wahlsieg von Evo Morales nicht anerkennen und spricht von Wahlbetrug.

(Symbolbild) Evo Morales bei einer Kundgebung in La Paz. Foto: Adveniat/ Martin Steffen

Fast im Minutentakt sind auf Twitter Bilder neuer Brände und Verwüstungen zu sehen. Die Provinz Santa Cruz kündigt einen unbefristeten Generalstreik an, in Potosi stecken Unbekannte das Gebäude der Wahlbehörde in Brand. Die Tageszeitung „Los Tiempos“ berichtet, dass sich Menschen, die sich im Gebäude befunden haben, nur mit Mühe und Not retten konnten. Es gibt Attacken auf Büros der sozialistischen Regierungspartei MAS und in Cochabamba kommt es zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei. In mindestens neun Städten kommt es zu zum Teil gewalttätigen Ausschreitungen.

Wende der Wahl

Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen eine überraschende Wende bei der Auszählung der Stimmen zur Präsidentenwahl. Hieß es vonseiten der staatlichen Wahlbehörde am Sonntagabend noch Amtsinhaber Evo Morales und Herausforderer Carlos Mesa müssten aller Voraussicht nach in eine Stichwahl, war am Montagabend Morales nun doch mit dem notwendigen Vorsprung von zehn Prozent der Stimmen vorne. Den Ausschlag hätten die Stimmen auf dem Land gegeben, die erst verspätet eingetroffen seien. In Bolivien ist der Kandidat zum Präsidenten gewählt, der über 40 Prozent der Stimmen gewinnt und dabei über mindestens zehn Prozent Vorsprung verfügt. Nach 95,22 Prozent der ausgezählten Stimmen führt Morales mit 46,86 Prozent vor Mesa mit 36,77 Prozent. Gerade einmal 0,13 Prozent Vorsprung würden demnach Morales vor einer Stichwahl retten. In der hätte Mesa die besseren Karten, da sich die im ersten Durchgang unterlegenen Kandidaten hinter ihn stellten. Er käme mit diesen Stimmen auf über 50 Prozent.

Doch das Misstrauen in die Wahlbehörde, die die Auszählung der Stimmen zwischenzeitlich stoppte, ist groß. Geteilt wird es unter anderem von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. HRW-Lateinamerika-Direktor José Miguel Vivanco erklärte via Twitter, vieles deute darauf hin, dass diese Wahl geraubt werden soll. Die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verlangten von der Wahlbehörde eine Erklärung, warum es einen so „drastischen Wechsel“ bei den Resultaten gegeben habe. Konkrete Beweise für einen Wahlbetrug hat allerdings noch niemand vorgelegt, jedoch sind in verschiedenen Städten Stimmzettel aufgetaucht, auf denen bereits die Morales-Partei angekreuzt worden sei. Zumindest legen das Videos nahe, aber auch die sind bislang noch nicht verifiziert.

Der konservative Herausforderer Carlos Mesa rief seine Anhänger dazu auf die Demokratie zu verteidigen: „Wir vertrauen darauf, dass die Bürger dieses Ergebnis nicht akzeptieren“, sagte Mesa. Er will das Ergebnis nicht anerkennen. Morales hatte sich bereits am Vortrag zum Sieger ausgerufen, obwohl da noch alles auf eine Stichwahl hindeutete.

Gespaltenes Land

Offiziell ist das Ergebnis in Bolivien noch nicht. Doch schon jetzt ist ein möglicher Wahlsieg von Morales mit einem dicken Makel belastet. Die Reaktion der Menschen zeigt, dass eine Hälfte des Landes dem lange unangefochtenen und populären Präsidenten nicht mehr vertraut.  Der Bruch kam vor drei Jahren. Damals hatte Morales seine Landsleute zu einem Referendum gebeten, um die in der Verfassung vorgesehenen Amtszeitbegrenzung zu umgehen. Die Bolivianer aber sagten Nein. Damit wäre Morales politische Laufbahn eigentlich im Jahr 2019 beendet gewesen. Doch Morales brach sein Wort und trat mithilfe juristischer Unterstützung am Sonntag noch einmal an. Nun ist seine Glaubwürdigkeit erneut angekratzt. Morales mögliche vierte Präsidentschaft steht unter keinem guten Stern.

Tobias Käufer

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