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Bolivien |

Wehrdienst unter Beschuss

Bolivien diskutiert die Abschaffung der Wehrpflicht. »Wir arbeiten an einem Gesetzesvorschlag, weil nicht jeder gezwungen werden kann die Wehrpflicht zu erfüllen. In einigen Fällen muss auch der religiöse Glaube respektiert werden«, sagte Rolando Villena. Der Ombudsmann für Menschenrechte kündigte zu Wochenbeginn das Engagement seines Ministeriums an, den verpflichtenden Dienst an der Waffe zu lockern. Man werde einen Weg suchen, damit »die jungen Leute der Heimat auf eine andere Art dienen können«, versprach Villena. Denkbar sei ein Ersatzdienst in sozialen Einrichtungen.

Foltervideo in Kaserne

Der einjährige Militärdienst, der seit der Verfassung von 1938 verpflichtenden Charakter hat, ist dieser Tage in die Schlagzeilen geraten, nachdem Leutnant Alfredo Montaño, Ausbilder einer Spezial-Ranger-Einheit in Challapata, den 19jährigen Rekruten Méndez Arcos brutal zusammengeschlagen hatte. Als ein Video der gewalttätigen Szene aus dem Jahr 2009 erst im Internet und dann im TV auftauchte, wurde der Pflichtdienst in Infanterie, Streitkräften und Luftwaffe Teil einer politischen Diskussion. Das Ombuds-Ministerium ordnete eine sofortige Untersuchung durch seine 16 Büros in allen Kasernen an. Man wolle feststellen, ob es sich bei der Tat von Challapata um einen Einzelfall handele oder ob an Rekruten systematischer Missbrauch verübt werde. Der regierungskritischen Tageszeitung »La Prensa« zufolge würden 90 Prozent der Militärdienstleistenden zur Strafe geschlagen und getreten.

Harte Bestrafung für brutale Militärs

Präsident Evo Morales kündigte an, man werde die Tat nicht wie sonst üblich vor einem Militärtribunal, sondern vor der zivilen Justiz verhandeln. Den Tätern drohen vier Jahre Haft. »Es muss Schluss sein mit den Misshandlungen«, so Morales, der als junger Mann selbst durch die harten zwölf Monate Wehrdienst ging. Gegen die »Gorillas und Höhlenmenschen« in der Armee kündigte der Regierungschef »radikale Maßnahmen« an. Die Verantwortlichen im Challapata-Fall würden »egal ob Oberst oder Leutnant hart bestraft«. Es müsse klar sein, dass der Soldat »ein Diener der Heimat ist und kein Sklave. Jetzt schämen wir uns wenn wir sehen, dass sie wie Dreck behandelt werden«, sagte Morales.

Juristen streiten sich jetzt darüber, wer für den Fall zuständig ist. Jorge Bothelo, Chef des obersten Militärgerichtes sieht aufgrund des Tatorts Kaserne seine ausschließliche Zuständigkeit, auch seien die Beteiligten allesamt Militärs. Der Präsident des Obersten Distriktsgerichts von La Paz, Willams Alave, sieht das anders. Es liege ein »Fall von Folter« vor, was gegen das Folterverbot der Verfassung verstoße und darum mit dem Strafrecht verhandelt werden müsse.

Referendum für Verfassungsreform

Zur Aufhebung der Wehrpflicht ist ein langer Weg nötig. »Die Verfassung muss dafür geändert werden«, verweist Verteidigungsminister Rubén Saavedra auf Artikel 249 der im Januar 2009 per Volksentscheid in Kraft getretenen Magna Charta. »Jeder Bolivianer ist zur Ableistung des Wehrdienstet verpflichtet«, so der Paragraph. »Es wäre interessant, wenn wir das Thema in einem Referendum zur Debatte stellen«, schlägt Ombudsmann Villena vor. In einer Eilumfrage sprachen sich von 2184 Interviewten 53 Prozent für einen freiwilligen Dienst aus, so die konservative Tageszeitung »El Deber« am Montag.

Autor: Benjamin Beutler

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