Wahl des neuen Präsidenten - Hardliner oder Rechtspopulist
Guatemala befindet sich im Ernährungsnotstand, hat eine der höchsten Mordraten weltweit und leidet unter dem zunehmenden Einfluss der Drogenkartelle. Während des monatelangen Wahlkampfes versank das Land in einer Welle der Gewalt. Die Stichwahl am 6. November wird zeigen, welcher der Kandidaten sein Versprechen über Frieden, Sicherheit und eisernes Vorgehen gegen Gewalt einlösen muss.
Zumindest eines wissen die Wählerinnen und Wähler in Guatemala vor dem Urnengang am Sonntag mit Gewissheit: Die neue "First Lady" des mittelamerikanischen Landes wird Rosa heißen. Denn sowohl die Gattin des Ex-Generals und rechtskonservativen Wahlfavoriten Otto Perez Molina als auch die Ehefrau des Kontrahenten Manuel Baldizon tragen diesen Namen. Und so geraten auch Rosa Leal de Perez (56) und Rosa Leal (36) in den Fokus des Wahlkampfendspurts - in dem Perez als Favorit gesehen wird. Jede Geste, jedes Wort der Kandidaten und ihren Gattinnen wird aufmerksam verfolgt.
Ex-General Perez kam in der ersten Runde am Sonntag auf 37 Prozent. Dahinter folgte der rechtspopulistische Unternehmer Baldizon mit 23 Prozent. Alle anderen Kandidaten, darunter Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu, waren chancenlos; das linke Lager erlebte im ersten Wahlgang eine herbe Niederlage.
Bischöfe luden zu "Marsch des Friedens" ein
Der 60-jährige Perez pflegte im Wahlkampf sein Image als Hardliner. Er werde "mit eiserner Hand" gegen Kriminalität und Armut vorgehen, kündigte er an. "Wenn ich Präsident bin, werde ich das Leben aller Guatemalteken verteidigen, damit wir in Frieden und Sicherheit leben können", rief er den Menschen bei seinen Wahlkampfkundgebungen zu. Im von immer weiter wachsender Gewalt heimgesuchten Guatemala kommen solche Töne gut an.
Der mit 41 Jahren deutlich jüngere Baldizon versuchte sich mit der Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe zu profilieren. Dafür erntete er aus den Reihen der katholischen Kirche scharfe Kritik. Um im Wahlkampf noch einmal den Blick auf das Thema Kriminalität und Gewalt zu lenken, luden die guatemaltekischen Bischöfe wenige Tage vor dem Wahltag zu einem "Marsch des Friedens" ein, an dem mehrere tausend Menschen teilnahmen. Die Demonstration gegen die immer weiter zunehmende Gewalt ging auf eine Initiative von Hauptstadt-Erzbischof Oscar Vian Morales zurück.
Fast jedes zweite Kind hat nicht genug zu essen
Guatemala braucht einen starken neuen Präsidenten - denn die Probleme sind enorm. Erst im Frühjahr rief das Kabinett des scheidenden Amtsinhabers Alvaro Colom den Ernährungsnotstand aus. Die Ministerin für Ernährungssicherheit, Lily Caravantes, berichtete, allein seit Jahresbeginn habe man mehr als 20.000 schwere Fälle von chronisch unterernährten Kindern registriert. Fast jedes zweite Kind unter fünf Jahren in Guatemala habe nicht genug zu essen.
Für die Kirche war die Maßnahme der Regierung zwingend notwendig: "Wir müssen erkennen, dass unsere Behörden nicht auf den Hilfeschrei unserer hungerleidenden Brüder und Schwestern reagieren", klagte Erzbischof Vian. Auch der Einfluss der Drogenkartelle wird immer größer. Die "Zetas" aus Mexiko haben laut Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen und Drogenfahndern Guatemala zu ihrem Aufmarschgebiet erklärt. Auch deshalb hat das Land eine der höchsten Mordraten weltweit.
Attentate begleiteten den Wahlkampf
Während des monatelangen Wahlkampfes versank Guatemala in einer Welle der Gewalt. Unzählige Attentate begleiteten den Stimmenfang. In San Jose Pinula, einem Vorort der Hauptstadt Guatemala-Stadt, kam es zu einem besonders gravierenden Vorfall. Ein Kandidat für das Bürgermeisteramt wurde wegen Mordverdachts verhaftet. Er soll zwei politische Konkurrenten ermordet und ein Attentat auf sich selbst vorgetäuscht haben. Wohl auch deshalb kündigte die Organisation Amerikanischer Staaten (OAA) an, Wahlbeobachter nach Guatemala zu schicken, um einen ordnungsgemäßen Verlauf des Urnengangs zu gewährleisten.
Quelle: KNA