US-Kongresssprecher Ryan macht sich für "Dreamer" stark
Manuel Antonio Cano-Pacheco entschied sich vor zwei Monaten zur Rückkehr in das Land seiner Geburt. In Mexiko lebte er bis zum Alter von drei Jahren. Dann nahmen ihn seine Eltern mit über die Grenze in die USA.
Manuel ging nicht ganz freiwillig zurück, sah aber keine andere Wahl, nachdem sein Schutzstatus im vergangenen Jahr auslief. Dem 19-Jährigen drohte die Abschiebung, weil ihn seine Eltern damals ohne gültige Papiere ins Land brachten. US-Präsident Donald Trump hatte das Schutz-Dekret DACA vergangenen September aufgehoben, das Manuel bis dahin ein Bleiberecht, den Schulbesuch und eine Arbeitserlaubnis garantiert hatte.
Vergangenes Jahr kam Manuel wegen zweier Drogenvergehen mit dem Gesetz in Konflikt. Dann erhielt er Besuch von der Einwanderungspolizei ICE. Das verhieß wenig Gutes in Zeiten einer rigiden Politik gegen unregistrierte Einwanderer. Statt sich nach der gerichtlich erzwungenen vorläufigen Fortsetzung des DACA-Programms um eine Verlängerung zu bemühen, brach Manuel die Highschool ab. Er ging in der Hoffnung nach Mexiko, sich dank der "Freiwilligkeit" eine spätere Rückkehr-Option zu schaffen.
Die vagen Zukunftspläne endeten tödlich. Nur drei Wochen nach seinem Grenzübertritt schnitten ihm im nördlichen Landkreis Zacatecas Kriminelle die Kehle durch. Kein seltenes Schicksal für Rückkehrer, die mit ihrem Leben für eine unbarmherzige Politik bezahlen. "Er war zur falschen Zeit am falschen Ort", vermutet sein Schulfreund Juan Verduzco.
Schicksal der Dreamer bewegt die Amerikaner
Sein Fall reiht sich ein in die Reihe erschütternder Geschichten vieler gebürtiger Mexikaner, die ihre Lebensgrundlage seit der Wahl des "America First"-Präsidenten gefährdet sehen. Zwangsweise getrennte Familien, Suizide direkt nach der Abschiebung und eben auch Morde in der fremden Heimat sind der Stoff, über den US-Medien fast jeden Tag berichten. Besonderen Anteil nehmen viele Amerikaner an dem Schicksal der 800.000 "Dreamer" wie Manuel, die Leidtragende eines politischen Grundsatzstreits in den Reihen der Republikaner sind. Tatsächlich könnten die im Kongress ein Gesetz beschließen, das den Betroffenen eine Zukunft gibt.
Die Sache erhielt zuletzt Bewegung, als der Kongress-Sprecher Paul Ryan nach der Begegnung mit einem "Dreamer" ins Nachdenken kam. Der angehende Mediziner Cesar Montelongo Hernandez von der katholischen Loyola University in Chicago saß zufälligerweise im Flugzeug neben Ryan und kam mit ihm ins Gespräch. Die Geschichte des "Dreamers" Cesar bewegte den praktizierenden Katholiken zu einem Sinneswandel. Seitdem arbeitet er mit Nachdruck an einem Gesetzentwurf, der den Betroffenen eine Perspektive schaffen soll. Dafür braucht er 218 Stimmen im Repräsentantenhaus. Ryan will den "Dreamern" im Rahmen eines größeren Einwanderungsgesetzes den Weg zur Staatsbürgerschaft ebnen. Wer zwölf anrechenbare DACA-Jahre vorweisen kann, im Militär gedient, an der Hochschule war oder erwerbstätig ist, soll US-Bürger werden können.
Ryan wirbt für einen Kompromiss
Der Sprecher will das Thema noch möglichst vor den Zwischenwahlen zum Kongress im November vom Tisch haben. Ob er die notwendigen 218 Stimmen im Repräsentantenhaus gewinnen kann, scheint fraglich. 235 der 435 Abgeordneten sind Republikaner, 193 Demokraten. Der rechte Republikanerflügel läuft noch Sturm dagegen und bezeichnet das Entgegenkommen an die "Dreamer" als nicht akzeptable Amnestie. Auf seiner Seite hat Ryan das kleine moderate Häuflein in seiner Fraktion - und die Demokraten. Rückendeckung kommt auch von den katholischen Bischöfen, die seit langem die Einwanderungspolitik Trumps anprangern.
Die Zeit drängt, weil der Schutz der "Dreamer" am seidenen Faden einer einstweiligen Verfügung hängt, die jederzeit kassiert werden kann. Zudem hat es sich der 48-jährige Kongress-Sprecher zur persönlichen Mission gemacht, eine Lösung für Cesar und die anderen Betroffenen zu finden, bevor er aus dem Kongress ausscheidet.
Quelle: KNA, Autor: Bernd Tenhage