Tote nach Räumungsbefehl
Zwei tote Landbesetzer, ein toter Polizist, 50 Verletzte und mehrere Schwerverletzte sind die vorläufige Bilanz einer gewaltsamen Räumungsaktion durch Sicherheitskräfte im Norden Argentiniens. Laut argentinischen Medienberichten war es in der 50.000-Einwohner-Ortschaft Libertador General San Martín Donnerstagmorgen in der an Bolivien und Chile grenzenden Provinz Jujuy zu einer vierstündigen Auseinandersetzung zwischen Einheiten der Polizei und Landbesetzer-Familien gekommen.
Mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummi-Geschossen waren 350 Polizisten auf das 15 Hektar große Grundstück eingedrungen, das von rund 700 Familien besetzt gehalten wird. Kurz zuvor hatte ein Distrikts-Gericht die sofortige Räumung des Geländes angeordnet, das vom Zucker-Konsortium »Ledesma S.A. I.I.« beansprucht wird. Das Unternehmen kontrolliert den gesamten Landbesitz rund um das Stadtzentrum von San Martín.
»Das war ein Massaker«, verurteilte Enrique Mosquera, Partei-Chef der linken »Strömung für Klasse und Kampf« (CCC) gegenüber der Tageszeitung »La Razón« die Gewalteskalation. Wenig später griffen in der Provinzhauptstadt San Salvador Unbekannte das Haus der Regierung von Jujuy an. Provinz-Gouverneur Walter Barrionuevo von der sozialdemokratisch-peronistischen »Front für den Sieg« (FPV) verurteilte am Freitag das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte. Kurz zuvor war sein Regierungschefs Pablo La Villa zurückgetreten.
Hinter dem Räumungsbefehl vermutet der linke Gouverneur angesichts anstehender Provinzwahlen im Dezember Interessen von Opposition und Unternehmerschaft. Der politische Verbündete der Kirchner-Regierung bezeichnet den Abstand zwischen Arm und Reich im Wahlprogramm als »nicht tolerierbar«. Die nationale Oppositionspolitikerin Silvana Giudici machte hingegen die »inkompetente Regierung und skandalöse Korruption« der Kirchner-Regierung für die »landesweite Wohnungskrise« verantwortlich. (bb)