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Mexiko, USA |

Tod in der Wüste

Foto: DW/C. Roman.
Foto: DW/C. Roman.

Irgendwo im Grenzland. Seit einer knappen Stunde schleppt Dan Wilson sich und einen Rucksack voller Vorräte durch die karge, glühend heiße Steppe. Sein Ziel: Ein felsiger Unterschlupf wenige Kilometer nördlich der mexikanischen Grenze.

Geschützt vor den Blicken der amerikanischen Grenzpatrouillen finden illegale Grenzgänger aus dem Süden hier oft die letzte Rettung auf ihrem gefährlichen Weg in die USA: Wasser und Lebensmittel, deponiert von Wilson und anderen Freiwilligen der Hilfsorganisation "No More Deaths". "Einwanderer, die es bis hierher schaffen, sind oft schon eine Woche oder länger unterwegs", erklärt er. Um den Körper auf dem anstrengenden Marsch durch die Wüste am Leben zu halten, benötige der Mensch hier mindestens drei Liter Wasser am Tag, so Wilson. "Wer unsere Vorräte nicht findet, schafft die letzten Kilometer bis zur Zivilisation nur selten."

Endstation Wüste

 

Für die Einwanderer aus Zentral- und Lateinamerika scheinen die Vereinigten Staaten das Paradies zu sein. Auf der Flucht vor Armut und Kriminalität überqueren täglich mehr als eintausend Immigranten illegal die mexikanische Grenze in die USA. Das Brachland dazwischen ist für viele jedoch Endstation: Wer von der Border Patrol, der US-Grenzpolizei abgefangen wird, muss umgehend zurück nach Mexiko. Andere erwischt es noch schlimmer: Allein im Süden Arizonas zählte die Nichtregierungsorganisation "Missing Migrant Project" im letzten Jahr 183 Tote, viele davon sind verdurstet oder verhungert. Ein Großteil der Leichen wird von der Wüste begraben und nie gefunden.

 

Wasser für die Reisenden

 

Gegen die vielen Todesfälle im Grenzland kämpft seit über zehn Jahren "No More Deaths“. Etwa 150 ehrenamtliche Mitglieder zählt die Hilfsorganisation. Finanziert durch Spenden haben Freiwillige wie Dan Wilson bereits über 80 Wasserstationen in Mexiko und den USA errichtet. Wilson, hauptberuflich Fahrradmechaniker in der nahe gelegenen Stadt Tucson, ist heute auf einer der Flüchtlingsrouten durch die Sonora-Wüste im Süden Arizonas unterwegs. Schweißgebadet erreicht der 26-Jährige das Versorgungslager am Fuße eines Canyons. "Die leeren Wasserkanister hier zeigen, dass jemand unsere Hilfe gebraucht hat", sagt Wilson und füllt die Vier-Liter-Tanks wieder auf. Dann notiert er mit einem dicken Filzstift: "AGUA PURA, por los viajeros" - frisches Wasser für die Reisenden. Von den Strapazen der illegalen Grenzgänger zeugt ein in den Fels gehauener Schrein. Holzkreuze, Rosenkränze und verblichene Fotos von denen, die es nicht lebend in die USA geschafft haben. "Diese Menschen kommen hier rüber, um ihren Familien zuhause ein besseres Leben zu geben", erzählt Dan Wilson. "Das sind keine Sozialschmarotzer, keine illegalen Fremden und Drogenschmuggler."

 

Millionen, die im Schatten leben

 

Genauso werden die Einwanderer aber in den USA behandelt. "Wir haben ein völlig kaputtes Immigrationssystem", kritisiert deshalb Rodolfo Espino von der Arizona State University in Phoenix. Vermutlich elf Millionen Illegale leben heute in den Vereinigten Staaten - ohne gültige Papiere, kriminalisiert und in der ständigen Angst, jederzeit ausgewiesen zu werden. Statt den Immigranten mit der seit Jahren versprochenen Einwanderungsreform ein Leben in den Vereinigten Staaten zu ermöglichen, antworte Präsident Barack Obama nur mit weiteren Sicherheitsmaßnahmen auf das Einwanderungsproblem an der US-mexikanischen Grenze, so die Kritik des Politikwissenschaftlers. Gleichzeitig sagt Espino: "Egal wie hoch wir den Grenzzaun auch ziehen die Flüchtlinge werden mit einer größeren Leiter kommen."

 

Jagd auf illegale Einwanderer

Dabei gleicht das Grenzland zu Mexiko bereits jetzt einem militärischen Sperrgebiet. Meterhohe Stahlbetonmauern, moderne Überwachungssysteme und mehr als 20.000 Beamte der US Border Patrol versuchen den 3.000 Kilometer langen Streifen entlang der amerikanischen Grenze zu kontrollieren. Vielerorts machen zudem bewaffnete Bürgermilizen Jagd auf illegale Immigranten. Immer wieder geraten die Aktivisten auch mit den Helfern von "No More Deaths" aneinander: "Anhänger der Milizen zerstechen unsere Wasserkanister und verjagen uns mit Gewalt aus dem Grenzgebiet - sie tun alles, damit die Flüchtlinge hier nicht durchkommen", erklärt Dan Wilson. Selbst begegnet er deshalb nur selten Einwanderern im Brachland. Auch heute steigt er zurück in seinen verstaubten Geländewagen, ohne einen einzigen Flüchtling gesehen zu haben. Für den Freiwilligen jedoch ein gutes Zeichen: "Nur wenn jemand ernsthaft in Lebensgefahr schwebt, sucht er den Kontakt zu Menschen. Alle anderen verstecken sich fernab der Wege, um der Border Patrol und den Milizen zu entgehen." Denn: Die Furcht entdeckt zu werden ist oft größer, als die vor dem einsamen Tod in der Wüste. Deshalb werden auch morgen wieder hunderte Einwanderer den lebensgefährlichen Weg durch das Sonora-Ödland einschlagen. Einigen von ihnen retten Dan Wilsons Vorräte womöglich das Leben.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Christian Roman

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