Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Uruguay |

Steuerparadies Uruguay

Uruguay wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weiterhin in der grauen Liste geführt. Grund hierfür ist die mangelnde Kooperation beim Kampf gegen Geldwäsche und Steuerflucht. Ricardo Gil Iribarne, unter der Regierung Tabaré Vázquez für die politischen Maßnahmen gegen Geldwäsche verantwortlich, sagt: „Wir müssen definieren, was wir sein möchten“.

Warum gilt Uruguay als Steuerparadies?

Gil Iribarne: Zwei Dinge werden oft durcheinandergebracht: Das eine Thema ist die Geldwäsche und das andere ist Steuerflucht. Nach 2008 haben die G20-Staaten eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaftskrise zu meistern. Die OECD wurde mit der Aufgabe betraut, Steuerflucht zu erschweren, der FATF [Arbeitskreis Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung, Anm. d. Ü.] wiederum übertrug man die Aufgabe, selbiges in Punkto Geldwäsche zu tun. Beide Institutionen arbeiteten parallel, mit Fristen, Evaluationen, Listen. Ergebnis dessen ist, dass es heute schwarze und graue Listen zur Geldwäsche gibt und ebenso zur Steuerflucht. Im Jahr 2009, nach den Evaluationen, wurde Uruguay von den Listen des FATF gestrichen, aber es landete auf der schwarzen Liste der OECD. Allerdings rückte es kurz Zeit später in die graue Liste auf.

Weshalb gibt es diese Unterscheidungen?

Gil Iribarne: Uruguay stand im Jahr 2005 sehr schlecht da in punkto Geldwäsche. Doch im Jahr 2009 änderte sich diese Situation. Allerdings nicht etwa deshalb, weil das FATF dem Land die Pistole auf die Brust gesetzt hätte, sondern weil die Regierung Maßnahmen ergriffen hatte: Zum Beispiel wurde im Jahr 2005, obwohl bekannt war, dass in Uruguay Geld gewaschen wird, nicht eine einzige Anklage erhoben. Im Jahr 2009 gab es immerhin 50 Angeklagte. Anfang November wurde etwa ein bekannter Rechnungsprüfer zu einer zehnjährigen Haftstrafe im Rahmen der Operation Campanita verurteilt. Die Situation hat sich verändert, weil Uruguay sie ändern wollte. Eine Sache sind die Institutionen – eine andere ist es zu definieren, was für ein Land wir sein möchten.

Doch in punkto Steuerflucht stellt sich die Lage anders dar ...

Gil Iribarne: Ja, der Prozess ging viel langsamer vonstatten und wir sind spät dran, was den konkreten Druck der Institutionen anbelangt. Das hängt mit einer Diskussion zusammen, die in Uruguay noch nicht zu Ende geführt ist und bei der es darum geht, was wir unternehmen wollen. Denn es ist möglich, einen doppelten generalisierten Diskurs zu kritisieren. Denn wenn man fragt, wo die Steuerparadiese liegen, so wird man feststellen, dass viele Länder, welche die graue Liste der elf Staaten ins Leben gerufen haben und Beschuldigungen aussprechen, ihre eigenes kleines Inselchen haben. Allerdings erlaubt einem der doppelbödige Diskurs Anderer nicht, dasselbe zu tun.

Politische Maßnahmen definieren ...

Gil Iribarne: Genau. Zudem gibt es Punkte, die sowohl Geldwäsche wie auch Steuerflucht berühren. Einer davon ist das Bankgeheimnis. Bezüglich der Geldwäsche, ist Uruguay besonders gut aufgestellt, denn das Bankgeheimnis existiert nicht. Im Falle von Geldwäsche wird es aufgehoben. Das veranlassen nicht nur Richter, sondern die entsprechende Abteilung der Zentralbank fordert von den Banken alle zur Verfügung stehenden Informationen. Und da gibt es kein Pardon.

Doch bei Steuerflucht wird nicht so verfahren.

Gil Iribarne: Bei Steuerfragen hat es vor allem in letzter Zeit Fortschritte gegeben, doch das Bankgeheimnis bleibt ein Hindernis. Ein anderes Thema, über das diskutiert wird, sind die Gesellschaften. Bei Geldwäsche schneidet Uruguay gut ab, weil es gelungen ist, die...

Einige gibt es weiterhin.

Gil Iribarne: Nun, seit 2006 können keine neuen Gesellschaften mehr gegründet werden und zum Ende dieses Jahres verlieren die bestehenden ihre Steuervorteile. Obwohl wir beim Thema der Geldwäsche eine gute Note vorweisen können, haben wir große Lücken an anderer Stelle. Der klarste Fall sind die so genannten „Gesellschaften in Freihandelszonen“. Hier müssen wir festlegen, was wir möchten; nicht, weil die OECD Druck macht, sondern weil wir tatsächlich Verschleierungsmechanismen Vorschub leisten. In Sachen Geldwäsche ist Transparenz stets gut: Wenn es erforderlich ist zu wissen, wer sich hinter eine Gesellschaft verbirgt, bringen wir das in Erfahrung. Das gilt jedoch nicht für Steuerfragen.

Die Aktiengesellschaften könnten auch kontrolliert werden, ohne dieses Geheimnis aufzuheben...

Gil Iribarne: Im Internet habe ich gestern Angebote gefunden, die Folgendes umfassen: die Gründung einer Aktiengesellschaft in 48 Stunden, mit einem Administrator, damit der Besitzer unerkannt bleiben kann, mit einem Postfach, damit die Adresse unbekannt bleibt, und sogar mit Handyanschlüssen, damit auch der Ort unklar bleibt. Jedes Land, das solche Angebote duldet, muss anerkennen, dass es etwas falsch macht. Da der FATF sich nun verstärkt um das Thema der Aktiengesellschaften kümmert, könnte es sein, dass Uruguays Einstufung im Bereich der Geldwäsche sich wieder verschlechtert. Entweder lösen wir die Problematik jetzt oder wenn uns die Pistole auf die Brust gesetzt wird.

Heute ist die Unterscheidung zwischen Geldwäsche und Steuerflucht möglich, weil Geldwäsche nicht als Bestandteil der Steuerflucht angesehen wird. Der FATF hat allerdings diese Steuervergehen als Teil der Geldwäsche definiert. Aus diesem Grund müssen wir hier in Uruguay diskutieren, wie mit Praktiken umzugehen ist, die bislang toleriert werden. Wir können die neuen Maßnahmen akzeptieren oder auch nicht, nur Unentschlossenheit – das können wir uns nicht leisten.

Comcosur al día in: Adital; Deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz