Spurlos verschwunden nach Protestaktion für Mapuche
"Santiago hat sich nicht einfach verirrt - es handelt sich um gewaltsames Verschwindenlassen", ist sich Germán Maldonado in einem Interview mit "El País" sicher. Seit Anfang August fehlt von seinem jüngeren Bruder jede Spur. Santiago kommt aus Buenos Aires und lebte vorübergehend in der patagonischen Provinz Chubut. Dort schloss er sich spontan Protestaktionen der Mapuche an.
Zeugen berichten, dass am 1. August rund 100 Polizisten in die Gemeinde Lof de Cushamen eindrangen, Schüsse abfeuerten und die Einwohner schlugen. Die Menschen, darunter Santiago Maldonado, seien in die umliegenden Berge geflohen - verfolgt von der Polizei. Laut Augenzeugenbericht soll bei der Verfolgungsjagd ein Mann festgenommen worden sein - Santiago Maldonado. Die argentinischen Behörden bestreiten das: "Wir sind den Einsatz mit jedem einzelnen Polizisten durchgegangen, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie ihn mitgenommen haben", sagte Innenministerin Patricia Bullrich.
UNO fordert schnelles Handeln
Sämtliche argentinische Menschenrechtsorganisationen bewegt der Fall inzwischen. Die bekannten "Großmütter der Plaza de Mayo" hielten eigens eine Pressekonferenz dazu ab. Sie glauben der Darstellung der Innenministerin nicht und pochen darauf, die Wahrheit zu erfahren. Eine großangelegte Suchaktion der Bewohner von Lof de Cushamen ist ohne Erfolg geblieben.
Nun hat sich auch das UNO-Kommitee gegen gewaltsames Verschwindenlassen zu Wort gemeldet: Es fordert den argentinischen Staat auf, den Verbleib von Santiago Maldonado schnellstens zu klären, die Verantwortlichen für sein Verschwinden ausfindig zu machen - und die örtliche Polizei aus den Ermittlungen herauszuhalten. Innenministerin Bullrich hatte beklagt, dass die Mapuche den Polizisten bei einer Suchaktion zwei Tage nach Maldonados Verschwinden den Zutritt zu ihrer Gemeinde verwehrt hätten. Angesichts der Protestaktionen, die inzwischen auch die Hauptstadt Buenos Aires erreicht haben, sagte sie: "Wir werden keine autonome Republik der Mapuche innerhalb Argentiniens zulassen."
Konflikt um riesiges Territorium von Benetton
Die Mapuche in Patagonien, unter anderem in der Gemeinde Lof de Cushamen, kämpfen seit Langem um ein Territorium von knapp einer Million Hektar, das die Firma Benetton gekauft hat. Bei den jüngsten Protesten forderten sie außerdem die Freilassung des Indigenen-Führers Facundo Jones Huala, Chef der Organisation "Resistencia Ancestral Mapuche". Seit Juni sitzt er im Gefängnis. Den argentinischen und chilenischen Behörden gilt er als Terrorist, weil er für Landbesetzungen und eine Brandstiftung verantwortlich sein soll. (rem)
Foto: David Suazo Quintana, CC BY-NC 2.0 (Zuschnitt)