Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Guatemala |

Schwere Kindheit, gefährdete Jugend

Kinder und Jugendliche in Guatemala haben es oft schwer. Kinderarbeit ist weit verbreitet. Viele Minderjährige fallen Gewalt und Ausbeutung zum Opfer oder leiden an einer mangelnden gesundheitlichen Versorgung. Dies geht aus dem jüngsten Bericht des Menschenrechtsbüros der Erzdiözese Guatemala (ODHAG) zur Lage der Kinder und Jugendliche im zentralamerikanischen Land hervor.

Seit 1996 hat ODHAG 13 Jahresberichte über die Situation der Kinderrechte in Guatemala veröffentlicht. Wie ODHAG-Mitarbeiter Carlos Alarcón Novoa erläutert, zeigen die Ergebnisse Jahr für Jahr, dass Kinder in Guatemala nicht ausreichend geschützt sind. Die den internationalen Kinderschutzgesetzen entsprechenden Indikatoren liegen immer unterhalb der wünschenswerten Grenzen. Die Lebensumstände guatemaltekischer Kinder behindern die Entfaltung ihrer persönlichen Fähigkeiten, so Novoa.

Hier einige Daten und Zahlen aus dem ODHAG-Bericht:

Kinderarbeit vor allem auf dem Land

Trotz zahlreicher Bemühungen bleibt Guatemala in Zentralamerika und der Karibik das Land mit der höchsten Rate an Kinderarbeit. Vier von zehn Kindern und Jugendlichen, die eine wirtschaftliche Aktivität ausüben, sind laut ODHAG unter dem dafür notwendigen Mindestalter. Zwei von zehn Kindern müssen mehr als 28 Stunden pro Woche im Haushalt arbeiten.

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Kinderrechtsverletzungen und Lebensort der Minderjährigen. Die Verwundbarkeit von Kindern und Jugendlichen ist in indigenen, ländlichen Gemeinden am höchsten. Dort ist es armutsbedingt üblich, Kinder arbeiten zu lassen, damit sie etwas zum Einkommen der Familie beisteuern.

Chronische Unterernährung

Auch die chronische Unterernährung konzentriert sich auf den ländlichen Raum. Bis zum Oktober des vergangenen Jahres sind in mehr als 11.000 Fällen akute Unterernährung registriert worden.

Die Müttersterblichkeit ist hoch: auf 10.000 Geburten kommen 290 Todesfälle.

Die Schwangerschaftsrate Minderjähriger hat zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr ist sie 2010 um gut sieben Prozent gestiegen: 44.786 Kinder und junge Mädchen wurden im vergangenen Jaht schwanger.

Nur Grundschulbesuch

Seit Eltern für den Schulbesuch nicht mehr zahlen müssen, sind die Einschulungsquoten gestiegen – und das in Bildungseinrichtungen verschiedenen Typs. Dieser Anstieg hat jedoch die historische Tendenz nicht verändert, derzufolge zwar 95 Prozent der Kinder in Guatemala die Grundschule, aber nur wenige von ihnen danach eine weiterführende Schule besuchen.

Hohe Sterberate Minderjähriger

In den Jahren 2009 und 2010 kamen 3.366 Minderjährige ums Leben. Knapp ein Drittel von ihnen wurde erschossen oder erstochen. Rund zwei Drittel starben durch Ersticken, Vergiftung, Lungenentzündungen, Atemwegerkrankungen, Verbrennungen oder erlagen an Verletzungen durch Verkehrsunfälle. Nach Ansicht des ODHAG spiegelt diese traurige Statistik eine sträfliche Vernachlässigung der Kinder und Jugendliche wider.

Die schlechten sozialen Bedingungen und mangelnde Zukunftsperspektiven drängen Jugendliche in die Kriminalität. 2010 sind rund 700 Jugendliche strafrechtlich verfolgt worden. Das bedeutet eine Steigerung um 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gründe dafür ist die Zunahme von Diebstahl, Ermordungen, Überfälle, Vergewaltigungen und illegaler Waffenbesitz.

Sexuelle und häusliche Gewalt

Auch sexuelle Gewalt gegenüber Minderjährige ist dem ODHAG-Bericht zufolge weit verbreitet. 665 Fälle wurden im Jahr 2009 registriert. Das bedeutet im Vergleich zu 2007 eine Steigerung um 15 Prozent. 95 Prozent der Opfer sind Mädchen und junge Frauen zwischen 12 und 17 Jahren.

Häusliche Gewalt stellt nach Angaben der ODHAG im mittelamerikanischen Land ebenfalls ein schwerwiegendes Problem dar. 25 Prozent der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche gehen von Familienmitgliedern aus.

Straflosigkeit

Zwar gibt es mehr und mehr Anzeigen von Gewalt gegen Minderjährige, doch die Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Das Niveau der Straflosigkeit bei Fällen von Gewalt gegen Minderjährige ist genauso hoch wie bei anderen Verbrechen in Guatemala. Diese Straflosigkeit verstärkt den Trend, Gewalt gegen Kinder und Jugendliche auszuüben.

Auch wenn die staatlichen Ausgaben für Soziales seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich gestiegen sind, verfügen spezielle Institutionen für den Schutz von Kindern nach wie vor über sehr niedrige Budgets.

Forderungen an den Staat

Der Staat muss, so das Menschenrechtsbüro, dafür garantieren, das keine Gewalt an Kindern und Jugendlichen ausgeübt wird. Die Regierung muss daher ausreichende Mittel für den Schutz von Kindern und Jugendlichen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene bereit stellen. Die Budgets mussen absolut transparent verwaltet werden.

Zudem sollen alle politischen Parteien dem Thema Kinderschutz Vorrang einräumen. öffentliche Institutionen und schulische Einrichtungen müssen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen besser kooperieren. Die Justiz hat jegliche Fälle von Kindermissbrauch und Ausbeutung Minderjähriger entschieden zu verfolgen. Kindern und Jugendlichen muss es vereinfacht werden, vor Gericht zu ziehen.

Gleichzeitig muss massiv in die Prävention investiert werden, so die Autoren des Berichts. Um Kinderarbeit und Kindersterblichkeit zu verringern, ist eine bessere finanzielle Absicherung benachteiligter Familien notwendig. Umfassende politische Strategien müssen entwickelt werden, um jegliche Form der Diskriminierung zu beenden und Kindern gleiche Bildungschancen und eine ausreichende gesundheitliche Versorgung zu garantieren.

Um die von Jugendlichen ausgeübte Gewalt zu verringern, muss ebenfalls auf Prävention gesetzt werden – statt die jungen Menschen zu kriminalisieren, zu diskriminieren und zu unterdrücken.

Schließlich sollte ein System enwickelt werden, mit dem man zum einen statistische Informationen zur Situation der Kinder und Jugendlichen sammeln und zum anderen Maßnahmen zum Schutz und der besseren Entfaltung der Minderjährigen evaluieren kann.

Die Registrierung von Geburten soll nicht mehr kostenpflichtig sein und Eltern dazu ermutigt werden, ihre Kinder einzuschreiben. Derzeit haben rund zehn Prozent der Kinder, die in Guatemala geboren werden, keine Ausweispapiere. Doch sie haben ein Recht darauf, eine verbriefte Identität zu erhalten.

Zusammenfassung: Verena Hanf und Anna-Maria Jeske

Der gesamte Bericht "Informe de la Situación de la Niñez y Adolescencia en Guatemala 2009-2010" kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: http://www.odhag.org.gt/pdf/Ninez20092010.pdf

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