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Venezuela |

Schwarze Flecken im Orinoco

Sobald im Osten des Orinoco die Sonne gen Himmel steigt, werden große schwarze Flecken im Fluss und an den Ufern sichtbar. Am 29. Januar lief nach einem Schiffsunglück Heizöl aus. Mit fatalen Folgen für die Flussbewohner, so der Autor Rolando J. Azocar, der für Amnesty International vor Ort unterwegs war.

Sobald im Osten des Orinoco langsam die Sonne gen Himmel steigt, offenbaren ihre hellen Strahlen große schwarze Flecken. Fluss und Flussufer sind übersät davon. Am 29. Januar war ein mit Heizöl beladenes Schiff der Firma Silvia Shipping leck geschlagen und das öl in den Fluss gelaufen. Silvia Shipping erklärte zwar, das Wasser reinigen zu wollen. Doch die Arbeiten, mit denen die Gesundheit der Bewohner gewährleistet werden sollte, wurden schlampig ausgeführt. Und das, obwohl der viertgrößte Fluss der Welt nicht nur für Flora und Fauna sondern auch für die Menschen in den Gemeinden entlang der Ufer seit Menschengedenken die Lebensader ist.

Vergiftete Lebensgrundlage

Willian Cabrera hat sein ganzes Leben auf der kleinen Flussinsel El Hacha verbracht. Es ist eine der am stärksten vom öl geschädigten Gemeinden. Die etwa 48 Bewohner leben vom Fischfang, vom Ackerbau und vom Wasser des Flusses Orinoco. Seit vor ein paar Monaten ihre Ernte einem Feuer zum Opfer fiel ist, sind sie völlig von dem abhängig, was der Fluss ihnen zum Leben gibt.

Seit elf Tagen essen sie vor allem Kürbisse - doch trotzdem ist die Aufnahme von Flusswasser ist unvermeidlich. Die Menschen haben keinerlei Hilfen von den Verursachern des Unglücks erhalten, ganz zu schweigen von staatlichen Stellen, die sich bisher noch nicht einmal zu diesem Vorfall geäußert haben.

„Menschenunwürdig“. An diesen Kommentar der Vertragsarbeiter von Silver Shipping kann sich Cabrera noch gut erinnern. Die Männer waren vorbeigekommen, um das Ausmaß der Katastrophe zu inspizieren. Als sie den Gesundheitszustand der Kinder seines Bruders sahen, fiel das Wort.

Halbherzige Hilfsmaßnahmen der Verursacher

„Ja, das Kind ist schwer krank. Versuchen Sie, es zu einer Gesundheitsstation zu bringen’, sagten sie lediglich, bevor sie wieder verschwanden, erzählt der Fischer Cabrera. "Aber wie soll unsereins denn seine Kinder ins Krankenhaus bringen und Medizin bezahlen, wenn unsere einzige Einnahmequelle der Fischfang ist und wir wegen des Erdöls nicht mehr fischen können?“, unterstreicht Cabrera. Und es sind nicht nur die Fische. Auch die Netze sind mit öl durchtränkt und unbrauchbar, die Motoren der Fischerboote sind völlig verklebt mit der schwarzen Masse.

Die Fischer warten noch immer auf Antworten zu ihren Forderungen nach Entschädigungszahlungen für die Lohnausfälle. Die Verhandlungsführer der Reederei würden das Thema immer umgehen, sagen die Betroffenen und versuchen einstweilen selbst so gut es geht, den Fluss zu säubern.

Kinder schwer erkrankt

„Die kommen nur her, machen Fotos, fragen nach Namen und der Nummer unserer Parzelle und verschwinden wieder. Sie bringen uns weder Essen noch Medizin. Nicht einen Tropfen Wasser haben sie uns gebracht“, beschwert sich William Cabrera über die mangelnde Unterstützung der Betroffenen.

Zwei der acht Kinder von Carmen Ibarra bekamen Fieber und Durchfall. Florentino Cabrera hat fünf Kinder. Mit drei von ihnen hat er sich am Sonntag Hals über Kopf auf den Weg zu einem Arzt gemacht. Alle Kinder schienen eine schwere Infektion zu haben.

Die Uninformiertheit der Menschen entlang des Flusses hat fatale Folgen. Warum, so fragt sich die Bevölkerung, haben die Behörden des Deltas von Amacuro und der Bürgermeister der Gemeinde Casacoima, sich nicht zu dem Unglück geäußert? Warum haben sie nicht vermittelt zwischen Bevölkerung und Unternehmen?

Hilfen vom Zivilschutz

Feuerwehr, Mitarbeiter des Zivilschutzes und des Nationalen Instituts für Wasser (INEA) hätten die Bevölkerung jedoch unterstützt und beobachten die Situation vor Ort, so William Martínez vom Zivilschutz in Casacoima. Er habe persönlich die Maßnahmen der Firma zur Säuberung des Flusses überwacht, sagt er. Die Behörde habe alle Gemeinden besucht und die mit den notwendigen Hilfen versorgt.

Die Mitarbeiter des Zivilschutzes hätten auch in der Gemeinde Piacoa das Wasser abgestellt und den Parlamentsabgeordneten Osnardi Mata über die Situation informiert, so Martínez. Es sei Sache des Abgeordneten, die Gemeinde vor Ort über das Unglück in Kenntnis zu setzen. Vor wenigen Tagen hat der Zivilschutz zwei Kinder zu einem Gesundheitszentrum gebracht und verteile Medizin unter den Betroffenen.

Doch viele Männer, Frauen und Kinder entlang des Flusses trinken Tag für Tag weiter das verseuchte Wasser, das den Orinoco hinunterströmt. Und die meisten von ihnen wissen nicht einmal, wie es in Wahrheit um die Wasserqualität bestellt ist.

Autor: Rolando J. Azocar bei Amnesty International; deutsche Bearbeitung Bettina Hoyer

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