Rios Polizei kapituliert - Abzug aus 18 Favelas
Die Polizei in Rio de Janeiro plant den Rückzug aus bis zu 18 der 38 von ihr besetzten Favelas. Das berichteten örtliche Medien am Donnerstagabend, 1. Februar 2018 (Ortszeit). Mit den freiwerdenden Ressourcen sollten die verbleibenden 20 Stützpunkte verstärkt werden. Die 2008 begonnene Befriedung der Favelas ist nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio aus Geldmangel nahezu zusammengebrochen. Die Stadt leidet unter einer sehr hohen Kriminalitätsrate.
Polizeichef Wolney Dias bestätigte gegenüber Medien am Donnerstag, die Pläne für den Abzug der 18 Einheiten der "Befriedungspolizei" UPP (Unidade de Policia Pacificadora) seien bereits ausgearbeitet. Jedoch könne sich die genaue Zahl noch ändern. In Zeiten leerer Kassen seien die teuren Strukturen nicht aufrechtzuerhalten.
Damit rückt die Landesregierung erstmals von ihrem Versprechen ab, die Sicherheitskräfte nicht aus den seit 2008 Zug um Zug besetzten Favelas abzuziehen. Mit der Besetzung sollten die mörderischen Drogenbanden aus den Armengebieten vertrieben werden. Anwohner, die dort mit der Polizei zusammengearbeitet haben, fürchten nun Racheaktionen zurückkehrender Gangs.
Die Gewalt, der tägliche Begleiter
Allein in der Favela "Cidade de Deus" wurden im Januar 41 Schusswechsel mit 3 Toten gezählt. Besonders in Rios Westzone kommt es seit Wochen zu täglicher Gewalt. In den vergangenen Tagen war die wichtige Stadtautobahn Linha Amarela wegen Schießereien mehrmals gesperrt, Autofahrer flüchteten zu Fuß.
"Die Kriminellen kommen mit Vollgas zurück", so der Anthropologe Paulo Storani gegenüber dem Onlineportal "Estadao". "Das UPP-Projekt sollte den Leuten soziale Dienstleistungen bringen, aber außer der Polizei ließ sich dort niemand blicken. Jetzt verliert die Polizei dort jeglichen Einfluss." Gerade im Westen der Stadt kämpften derzeit Drogenbanden mit Milizen, also meist von korrupten Polizisten angeführten Banden, um die Kontrolle über die Favelas.
Rios Finanzlage ist aufgrund einer schweren Wirtschaftskrise seit 2016 kritisch. Darunter leidet auch die Polizei, die eine bessere Bewaffnung fordert. Im Durchschnitt wird in Rio alle zwei Tage ein Polizist ermordet. Nun sollen mit finanzieller Unterstützung der Privatwirtschaft bis zu 100 Polizeiwagen schusssicher gemacht werden. Weitere Vorschläge zu Einsparungen übergab die Polizei am Donnerstag Gouverneur Luiz Fernando Pezao.
Quelle: KNA