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Puerto Rico - Gläubiger in der Pflicht

Das puertoricanische Schuldendrama geht in die nächste Runde. Foto: picture-alliance/Arcor Images
Das puertoricanische Schuldendrama geht in die nächste Runde. Foto: picture-alliance/Arcor Images

Puerto Ricos Schuldenplan war mit großem Interesse erwartet worden, nachdem Gouverneur Alejandro García Padilla bereits im Juni die angehäuften Schulden als nicht tragfähig bezeichnet hatte. Zudem hatte die Regierung Anfang August fällige Anleihen in Höhe von 58 Milliarden US-Dollar nicht zurückbezahlt und sich damit praktisch zahlungsunfähig erklärt.

 

Puerto Ricos Schuldendrama begann, als im Jahr 2006 Steuerprivilegien für US-amerikanische Unternehmen ausliefen und zahlreiche Unternehmen die Insel verließen. Die Industrieproduktion brach ein. Infolge der Haushaltskrise - Produkt eines überdimensionierten staatlichen Sektors - wuchsen die Verbindlichkeiten des mit einem Assozierungsabkommen an die USA gebundenen Inselstaates auf heute 72 Milliarden US-Dollar an.

 

Freiwilliger Schuldenschnitt

 

Der Anfang September (09.09.2015) vorgestellte Fünf-Jahres-Plan, den eine Arbeitsgruppe im Auftrag der Regierung ausgearbeitet hat, sieht die Umstrukturierung von etwas mehr als zwei Dritteln der Gesamtschulden vor. Die Gläubiger sollen dabei auf einen Teil ihrer Forderungen freiwillig verzichten. Einzelheiten dieses Schuldenschnitts sollen in den kommenden Wochen verhandelt werden.

 

Mit Strukturreformen und Wirtschaftswachstum soll zudem ein Teil der fehlenden Summe aufgebracht werden. Das Programm umfasst Ausgabenkürzungen (u.a. im Gesundheitsbereich), Steuererhöhungen und Privatisierungen. Zudem soll die Zahl der Angestellten im öffentlichen Dienst reduziert werden, eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes soll Beschäftigung anregen.

 

Darüberhinaus ruft der Plan die US-Regierung auf, den relativ hohen Mindestlohn der Insel für junge Arbeitnehmer zu überdenken. In Puerto Rico gelten dieselben Arbeitsmarkt- und Sozialstandards wie im Rest der USA. Der in den USA übliche Mindestlohn von 7,25 Dollar pro Stunde aber ist für Puerto Rico zu hoch. Dort ist das Pro-Kopf-Einkommen gerade einmal halb so hoch wie in Mississippi, dem ärmsten Bundesstaat der USA.

 

Auch ein US-Gesetz aus dem Jahr 1920 solle überdacht werden, weil es mitverantwortlich ist für die hohen Lebenshaltungskosten auf der Insel. Der Merchant Marine Act schreibt vor, dass jede Ware, die Puerto Rico auf dem Seeweg erreicht oder verlässt, von einem US-Schiff mit US-Besatzung transportiert werden muss.

 

"Zu viele Unwägbarkeiten"

 

Die Reaktionen auf die Schuldenpläne Puerto Ricos waren überwiegend kritisch. Die konservative Finanznachrichtenagentur Bloomberg lobte in einem Leitartikel: "Es ist ein ziemlich guter Plan, bis auf eine Sache: Man kann dem Gesetzgeber auf der Insel nicht trauen, dass er ihn umsetzt."

 

Andere Kommentare fielen noch skeptischer aus. Das Programm enthalte zu viele Unwägbarkeiten. Für fast alle Punkte sei entweder die Zustimmung des puertoricanischen Parlaments oder eines skeptischen, von den Republikanern kontrollierten Kongresses in Washington vonnöten, sowie die Bereitschaft der Gläubiger, Verluste hinzunehmen. Die Gläubiger sind vor allem Pensionskassen und Hedgefonds, über die viele US-Amerikaner ihre Altersvorsorge in puertoricanische Kommunalanleihen gesteckt haben.

 

Gouverneur García Padilla präsentierte den Plan als "Beginn von Verhandlungen" und forderte von den Gläubigern Kompromissbereitschaft. "Die massive Staatsverschuldung von Puerto Rico ist ein Hindernis für Wachstum. Es ist Zeit für die Gläubiger, an den Tisch zu kommen und gemeinsam Opfer zu bringen."

 

Druck auf die Gläubiger

 

In seiner von Radio und Fernsehen übertragenen Ansprache sandte er eine klare Botschaft: "Vor der Wahl zu stehen, einen Gläubiger zu bezahlen oder einen Lehrer, einen Polizisten oder eine Krankenschwester - das ist eine Entscheidung, die ich lieber nicht treffen würde, die ich aber treffen werde." Sollten die Gläubiger nicht zu Verhandlungen bereit sein, müsse Puerto Rico ohne eine Einigung fortfahren, so der Gouverneur. "Weder uns noch ihnen bringt dieser härtere Weg etwas." Es drohe eine "große humanitäre Krise", sollte kein Deal erreicht werden.

 

Es ist der Versuch, Druck auf die Gläubiger auszuüben, das geringere Übel zu wählen: Bei einem ungeordnetem Zahlungsausfall würden die Gläubiger noch mehr verlieren, so das Argument. "Ich hoffe aufrichtig, die Gläubiger sehen diesen Plan als das, was er ist - ein Weckruf, an den Tisch zu kommen", sagte Steven Rhodes, der als Richter die Insolvenz der Stadt Detroit verwaltet hat und nun Puerto Ricos Regierung berät. "Ich sehe keinen Weg, bei dem die Gläubiger alles zurückbekommen."

 

Junge Menschen wandern aus

 

Während die Gläubiger dennoch versucht sein könnten, auf weitere Haushaltskürzungen zu drängen, um möglichst viel herauszuschlagen, laufen Gewerkschaftsverbände gegen den bereits geplanten Stellenabbau im öffentlichen Dienst sowie die Kürzungen bei Urlaubs- und Krankheitstagen und im Bildungsbereich Sturm. Sie riefen zu Demonstrationen auf.

Bereits in den vergangenen Jahren hatte die Regierung in San Juan massenhaft Arbeiter entlassen, die Preise für Wasser, Benzin und Strom erhöht, höhere Steuern auf Eigentum, Veräußerungen und für kleine Unternehmen erhoben, die öffentlichen Pensionen und Gesundheitsleistungen beschnitten, das Rentenalter heraufgesetzt und Schulen geschlossen. Gebracht hat es indes wenig. Vielmehr ist die wirtschaftliche Aktivität durch die Austeritätspolitik weiter erlahmt und die die Auswanderung vor allem junger Leute gestiegen.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Andreas Knobloch

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