Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Peru |

"Operation Teufel"

Eine Detektivfirma dokumentiert jeden Schritt von P. Marco Arana und den Umweltaktivisten von Grufides im peruanischen Cajamarca. Doch die Aktivisten lassen sich nicht einschüchtern: Sie nehmen die Kamera selbst in die Hand und filmen die Spione. Die 38-jährige Kanadierin Stephanie Boyd hat einen Film gedreht, der zeigt, wie weit die Verfolgung von Aktivisten durch transnationale Konzerne gehen kann. Zur Deutschlandpremiere des Films weilten Stephanie Boyd (Regie/Produktion) und Miguel Araoz (Künstlerischer Leiter) in Berlin und erzählten, wie der Film entstanden ist.

Was führte die Kanadierin Stephanie Boyd nach Peru?

Stephanie Boyd: Oh, ich habe einen schlechten Orientierungssinn. Ich hatte in Afrika als Journalistin gearbeitet und eigentlich wollte ich dort auch wieder hin, aber dann entsandte man mich vor 13 Jahren nach Peru, zur Nachrichtenagentur Noticias Aliadas. Das war nicht Afrika aber das war dann auch in Ordnung. In Peru bin ich jungen Träumern und Idealisten vom Verein Guarango begegnet. Sie wollten Filme über die Auswirkungen des Bergbaus im Land machen und suchten nach einer Übersetzerin für einen ihrer Kurzfilme. Ich bin geblieben und lebe seither in Peru.

Wir, das Kollektiv Guarango, entschieden uns vor 10 Jahren, eine Trilogie über drei vom Bergbau betroffene Gemeinden drehen. Damals dachten wir, wir würden alle sechs Monate einen Film produzieren - und für den ersten brauchten wir gleich anderthalb Jahre! Wir wussten damals ja überhaupt nicht, worauf wir uns einlassen! Wir alle hatten noch nie einen Langfilm gedreht und ich hatte damals gar keine Erfahrung mit dem Filmemachen. Und jetzt, nach zehn Jahren, haben wir den dritten Film „Operation Teufel“ fertig gestellt, der gestern beim One World Film Festival in Berlin Deutschlandpremiere hatte.

Miguel Araoz, Sie kommen aus Cusco und haben als künstlerischer Leiter an diesem Film mitgewirkt. Sind Sie einer dieser „jungen Verrückten“, denen Stephanie Boyd vor vielen Jahren begegnet ist?

Miguel Araoz: Nein. Ich bin einer der neuen jungen Verrückten, die vom Kino träumen.
Im vergangenen Jahr begegnete ich Stefanie, als sie mit einem Kollegen an der Produktion des Dokumentarfilms arbeitete. Ihnen schienen schon die Köpfe zu rauchen. Wir kamen ins Gespräch, ich begann das Kollektiv zu unterstützen und schon bald war auch ich voll involviert.

Ich muss zugeben: Mir ist nicht bekannt, was sich in der Filmwelt hinter der Bezeichnung „Künstlerischer Direktor“ verbirgt. Was ist die Aufgabe eines „Art Directors“?

Miguel Araoz: Diese Frage kann ich leider auch nicht beantworten. Aber ich kann erklären, was ich gemacht habe: Es gab unglaublich viel Archivmaterial für diesen Dokumentarfilm. Das musste bearbeitet werden, damit der Film nicht langweilig wird. Mir kam die Aufgabe zu, das visuelle Konzept des Films zu erarbeiten. Dafür zu sorgen, dass er als visuelles Medium funktioniert. Ich bin Maler und gehe freier mit Materialien um, so dass ich viele neue Vorschläge einbrachte. Etwa: ,Versucht doch mal, dieses Stück dorthin zu schieben. Was passiert, wenn du das von unten nach oben filmst?’ Die anderen saßen dann oft zurückhaltend da und sagten höflich: „Hmh. Ja ja, das ist eine gute Idee. Probiere es doch mal aus, zeig es uns und dann schauen wir weiter.“ Aber so haben wir uns Schritt für Schritt durch einen langen Prozess bewegt...

Stephanie Boyd: ...Miguel ist ein Rebell, der weiß, wie man Regeln bricht. Und wir wollten in diesem Dokumentarfilm mit fiktiven Elementen spielen. Denn Marco Arana hatte gesagt, er habe sich bei der Spionage-Aktion gegen Grufides gefühlt, als befinde er sich inmitten eines Hollywood-Films. Wir wollten damit spielen, dass man nicht weiß, was real ist und was Fiktion. Also brauchten wir einen verrückten Künstler, der die Regeln des Kinos nicht kennt und sie deshalb brechen kann.

Neben unserer Arbeit im Kollektiv waren die Protagonisten des Films auch als Koproduzenten in den gesamten Prozess des Filmens, der Postproduktion involviert und sind jetzt auch an der Verbreitung des Films mit beteiligt. Sie haben alle Versionen des Films gesehen, uns Ratschläge gegeben. Miguel hat zum Beispiel in den Straßen von Cusco ein paar Szenen gedreht, wie er sich bestimmte Sequenzen vorstellen könnte. Die Aktivisten von Grufides sind dann in Cajamarca auf die Straßen gegangen und haben selbst gefilmt, wie sie sich fühlten, als sie von den Spionen verfolgt oder bedroht wurden. Ich denke, das Filmen hat ihnen geholfen, ihre eigene Kraft zu spüren.

Wie kam die Idee der Gegenspionage zustande?

Stephanie Boyd: Die Idee, dass die Mitglieder von Grufides die „Kamera umdrehen“ und die Spione bei ihrer Arbeit filmen, kam von den Aktivisten selbst. Wir haben viel Archivmaterial dieser Gegenspionage in unserem Film verwendet.

Schon vor zehn Jahren haben wir begonnen, bei jedem Filmdreh auch Film-Workshops für die Gemeinden anzubieten, damit sie selbst Material herstellen und Informationen darüber verbreiten können, welche Rechtsverletzungen man ihnen antut. Und der Dokumentarfilm „Operation Teufel“ ist wie eine Kumulation dieses Anliegens: Die Teilnehmer des Workshops konnten selbst das Filmmaterial herstellen und an der Produktion mitwirken.

Wie sah die Mitwirkung der Protagonisten bei der Produktion aus?

Stephanie Boyd: Marco Arana hat sich beispielsweise in unserem Tonstudio vor ein Mikrofon gesetzt, sich Versionen des Films angesehen und zwei Stunden lang kommentiert, was ihm dabei durch den Kopf ging. So ist Material mit seiner Stimme im Off entstanden, das im Film vorkommt. Auch viele Aktivisten in Europa haben zum Gelingen des Films beigetragen. Marco Arana hat eine Reise durch Europa gemacht, bei der der Film „Wenn die Erde weint“ gezeigt wurde.

Dieser Film ist einer unserer Entwürfe gewesen. Mathias Hohmann vom FDCL in Berlin hat beispielsweise gezielt Zuschauerreaktionen gesammelt. Wir wollten wissen, wie Kinokenner, wie Aktivisten, wie die „normalen Leute“ auf den Film reagierten. Diese Reaktionen waren für uns wie eine Kraftquelle mit neuen Ideen, als wir selbst völlig den roten Faden zu unserem Film verloren hatten. All diese Beiträge haben einen sehr kollektiven Dokumentarfilm hervorgebracht, der sich sehr von einem Film unterscheidet, den ein Fernsehsender produziert hat.

Das Interview führte Bettina Hoyer

(Der Film kann über den FDCL bezogen werden: www.fdcl-berlin.de)

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