Neues Gesetz bestraft Gewalt gegen Frauen
Am 22. Juni ist in Nicaragua ein Gesetz in Kraft getreten, welches die verbreitete Gewalt gegen Frauen konsequent bestraft. 25 bis 30 Jahre Gefängnis erwarten künftig jeden Mann, der eine Frau ermordet, mit der er eine Beziehung in welcher Form auch immer, aktuell oder in der Vergangenheit hatte. Ob es sich um die Partnerin, eine Familienangehörige oder eine Freundin handelt, spielt keine Rolle. Ein erster Vorschlag für ein solches Gesetz wurde von einer Frauenorganisation im Oktober 2010 vorgestellt, getragen von mehr als 12.000 Unterschriften von Frauen aus allen Teilen Nicaraguas. Vier Monate später folgte der Oberste Gerichtshof in Managua mit einer weiteren Initiative – aus beiden Projekten wurde schließlich ein Gesetz geschmiedet, das Nicaraguas Parlament Anfang 2012 verabschiedete.
Jahrzehntelange Anstrengungen belohnt
Roberto Larios, Pressechef des Obersten Gerichtshofs, spricht von Versuchen verschiedener Medien und Personen, den Lorbeerkranz als Urheber des Gesetzes entweder der Frauenbewegung María Elena Cuadra oder dem Obersten Gerichtshof aufzusetzen. Dies sei kleinlich in Anbetracht der Arbeit beider Seiten, die hierüber stünden und genau wüssten, dass das Projekt gemeinsam angeschoben worden sei. Es handele sich um ein außerordentlich dringliches Gesetz, für das die Organisationen der nicaraguanischen Frauenbewegung seit Jahren gekämpft hätten, erklärt Ana María Pizarro. Die Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation Sí Mujer spricht von mehr als 30 Jahre währenden Anstrengungen, die Gewalt gegen Frauen in Nicaragua auszulöschen. Die in der Vergangenheit vom Staat ergriffenen Maßnahmen erwiesen sich als nicht ausreichend.
Unterfinanzierte Justiz
In den vergangenen zehn Jahren wurden in Nicaragua etwa 800 Frauen ermordet. Allein in den ersten drei Monaten 2012 betrug die Zahl der Opfer bereits 26 - neun mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Erstmals findet der Feminizid nun Eingang in die Gesetzgebung Nicaraguas, obwohl die Gewalt gegen Frauen, öffentlich oder in den eigenen vier Wänden ausgeübt, weit verbreitet ist. Der Gesetzestext nennt die Wurzel beim Namen: Frauenfeindlichkeit, der Hass von Männern auf Frauen, der ihr Verhalten bestimmt. Daher geht es auch um Schutzmaßnahmen und Hilfsangebote für Frauen. All dies setzt Veränderungen in den soziokulturellen, patriarchalischen Strukturen voraus. Ein weiter Weg also noch. Und eins ist klar: Für die Anwendung des Gesetzes muss der nicaraguanische Staat auch die entsprechenden Gelder zur Verfügung stellen. Denn auf die Gerichte wartet viel Arbeit.
Quelle: adital, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel
Junge Überlebende sexueller Gewalt in einem Auffangzentrum für Frauen und Kinder in Nicaragua. Foto: Flickr/Amnesty International