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Nicaragua |

Neuer Nicaragua-Kanal mit erheblichen Planungsmängeln

Der Mesoamerikanische Korridor beheimatet viele Arten wie z.B. Klammeraffen. Ihr Lebensraum könnte durch den Bau des Nicaragua-Kanals in Mitleidenschaft gezogen werden. Foto: DORIS META FRANZ, CC BY-NC 2.0
Der Mesoamerikanische Korridor beheimatet viele Arten wie z.B. Klammeraffen. Ihr Lebensraum könnte durch den Bau des Nicaragua-Kanals in Mitleidenschaft gezogen werden. Foto: DORIS META FRANZ, CC BY-NC 2.0

Mit Hilfe der Studie sollten die wichtigsten biologischen Merkmale längs der Route dokumentiert sowie die Spezies und Habitate identifiziert werden, die besonderer Schutzmaßnahmen bedürfen, um potenzielle Schäden durch
den interozeanischen Kanal zu verhindern beziehungsweise beheben zu können.

Der Bericht wurde vom britischen Beratungsunternehmen 'Environmental Resources Management' verfasst und vom Unternehmen 'Hong Kong Nicaragua Canal Development' (HKDN), der chinesischen Firma, die den Kanal bauen soll, in Auftrag gegeben. Die vollständige Studie ist bisher nicht freigegeben, doch auch die 113 Seiten umfassende Zusammenfassung sagt bereits einiges über die befürchteten Umweltschäden aus.

Der Studie zufolge kann das Megaprojekt dem Land große wirtschaftliche Vorteile bringen. Berücksichtigt werden müssten dabei aber internationale Umwelt- und Sozialstandards, um die Nachteile nicht überwiegen zu lassen. Der Bericht erwähnt verschiedene Risiken für das 6,1-Millionen-Einwohner-Land und zeigt Empfehlungen auf.

Vorteile nur mit internationalen Standards

Der künstliche Wasserweg zwischen dem Pazifik und dem Karibischen Meer, das in den Atlantik übergeht, soll 276 Kilometer lang, 520 Meter breit und 30 Meter tief werden. Über 105 Kilometer wird er durch den Cocibolca-See führen. Damit wäre er viermal so lang wie der bisher längste Kanal des Kontinents: Der Panama-Kanal. Die Gesamtkosten des Projekts, das Ende 2019 fertig sein soll, werden auf mehr als 50 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Für Kritiker des Projektes wie die Cocibolca-Gruppe, ein Zusammenschluss aus mehr als zehn Umweltorganisationen, sind die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung Wasser auf ihre Mühlen. Auch wenn nicht generell vom Projektplan abgeraten wird, werden doch wesentliche Verbesserungen in der Durchführung angemahnt.

Verbesserungsvorschläge der Umweltverträglichkeitsprüfung

Die britische Beratungsfirma stellt zunächst fest, dass HKDN allein zum Zweck des Kanalbaus gegründet wurde und daher bisher keine Expertise für den Bau eines solchen Megaprojektes vorzuweisen hat. HKDN solle sich daher stärker vorbereiten, Experten ins Boot holen und diese weiterbilden.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung empfiehlt unter anderem, internationale Entwicklungsagenturen wie die Weltbank oder die Interamerikanische Entwicklungsbank ins Boot zu holen. Diese zusätzliche Expertise soll verhindern, dass sensible Ökosysteme wie der Biologische Mesoamerikanische Korridor, das biologische Indio-Maíz-Reservat und der Cocibolca-See zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

Schützenswerte Artenvielfalt

Der Mesoamerikanische Korridor beheimatet Arten wie den Roten und den Grünen Ara, den Steinadler, Tapir, Jaguar, Klammeraffen und den Ameisenbär. Zusammen mit den Schutzgebieten Bosawas und Wawashan beherbergen Indio Maíz und Cerro Silva 13 Prozent der weltweiten und etwa 90 Prozent der Artenvielfalt des Landes.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert weitere Untersuchungen in den genannten Gebieten. Sollte das Unternehmen sich nicht darauf einlassen, dann wären die negativen Folgen für die Artenvielfalt wesentlich größer als bisher beschrieben. Die nicaraguanische Regierung sollte daher auf diesen Untersuchungen bestehen und vorher keine weiteren Genehmigungen erteilen.

Weitere Prüfungen

Unter anderem sollen die seismischen Risiken untersucht werden, die der Bau des Kanals mit sich bringen könnte. Auch soll überprüft werden, ob und wieviel Salzwasser durch den Kanal in den Cocibolca-See gelangen könnte und welche Risiken damit verbunden sind. Darüber hinaus sei zu überprüfen, ob der Kanal den Wasserspiegel des Sees maßgeblich senken würde und was das für den See und den Fluss San Juan bedeuten würde.

"Unter normalen Umständen würden diese Gegenden als 'unantastbar' eingestuft werden", sagt Mónica López, Aktivistin der Cocibolca-Gruppe, gegenüber IPS. Dies würde auch in der Umweltverträglichkeitsprüfung zugesagt.

Absehbare Umweltkatastrophe?

Nach Ansicht von López zeigt die Studie, dass das Projekt in eine Umweltkatastrophe führen würde. Außerdem würden mit dem Bau des Kanals rund 100.000 Menschen von ihrem Land vertrieben.

Ende Oktober forderte die Cocibolca-Gruppe in einem Brief den Präsidenten Nicaraguas dazu auf, das Gesetz für nichtig zu erklären, mit dem der Bau des Kanals wirksam wurde. Bis jetzt hat Präsident José Daniel Ortega Saavedra nicht auf die Forderung reagiert. Stattdessen gab es Reaktionen von HKND: Man wolle weitere Untersuchungen durchführen lassen. HKND-Chefberater des Projekts, Bill Wild, erklärte gegenüber Medienvertretern: "Wir werden Optimierungen vornehmen, um die ökologischen und sozialen Risiken des Projekts zu minimieren."

Das könne allerdings zu Kostensteigerungen führen. Entsprechende Untersuchungen sollen bis 2016 andauern und von der australischen Beratungsfirma 'CSA Global' durchgeführt werden.

Möglicher finanzieller Engpass

Das Projekt könnte jetzt allerdings vor anderen Problemen als der Zerstörung biologischer Vielfalt stehen. Wie unter anderem der Guardian Anfang Oktober berichtete, hat HKND-Chef Wang Jing in der aktuellen chinesischen Börsenkrise 84 Prozent seines Vermögens verloren. Von den geschätzten zehn Milliarden US-Dollar bleiben ihm somit nur noch 1,2 Milliarden.

Seitens HKND wurde bereits dementiert, dass der Börsencrash Auswirkungen auf das Projekt haben könnte. "Ich habe keine Zweifel daran, dass die Finanzen bis zum Beginn des Projekts stehen werden", sagte Bill Wild gegenüber dem Guardian. Allerdings wurde der Baubeginn von den nicaraguanischen Behörden bereits verschoben - auf frühestens Anfang 2016.

Quelle: IPS, Autor: José Adán Silva, Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe, Foto: DORIS META FRANZ, CC BY-NC 2.0

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