Mujica umgeht Amnestiegesetz
Der uruguayische Präsident José Mujica hat am Montag ein Dekret erlassen, das die Ermittlungen in 80 Fällen von Verbrechen der Militärdiktatur ermöglicht. Durch das Dekret werden alle diesbezüglichen Entscheidungen der drei Vorgängerregierungen für ungültig erklärt. Damit umgeht Mujica das 1986 verabschiedete Amnestiegesetz, das der Militärregierung für die Zeit der Diktatur (1973-1985) Immunität gewährt. Außerdem setzt er sich so über die Entscheidung der Abgeordnetenkammer von Ende Mai hinweg, das Schlusspunktgesetz nicht für ungültig zu erklären.
Das Dekret diene in erster Linie einer ethischen Pflicht gegenüber den Familien der Diktaturopfern. Es gehe aber auch der Aufforderung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach, die Verbrechen der Diktatur aufzuklären, so ein Regierungssprecher. Mujica hatte bereits vergangenen Monat angekündigt, dass er trotz des Scheiterns der Initiative zur Neuinterpretation des Amnestiegesetzes einen Weg finden werde, eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen der Diktatur untersuchen zu lassen.
Das Amnestiegesetz sorgte in der Vergangenheit immer wieder für gesellschaftliche und politische Auseinandersetzungen in dem südamerikanischen Land. Neben dem diesjährigen Versuch des Regierungsbündnisses Frente Amplio (FA), das Gesetz abzuschaffen, gab es zuvor bereits zwei Volksentscheide über diese Frage. Sowohl 1989 als auch 2009 stimmte die Mehrheit der uruguayischen Bevölkerung gegen das Aufheben des Schlusspunktgesetzes und damit gegen eine juristische Aufklärung der Verbrechen der Militärdiktatur.(aj)