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Movistar will das Netflix Lateinamerikas werden

Kinder in einem brasilianischen Dorf beim gemeinsamen Fernsehen. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
Kinder in einem brasilianischen Dorf beim gemeinsamen Fernsehen. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

"Sollen die anderen doch erfinden". Den Satz, den der spanische Philosoph und Schriftsteller Miguel de Unamuno y Jugo Anfang des 20. Jahrhunderts lapidar in einer Debatte von sich gab, wurde später zum Slogan der isolierten Wirtschaft der Franco-Diktatur. Auch beim Übergang in die Demokratie ruhte sich das Land darauf aus, die Dienstleistungen rund um die Patente anderer anzubieten. Aber Spaniens Unternehmer haben seit der Krise 2012 einen enormen Wandel vollzogen. In vielen Bereichen avancierte das Land in Rekordzeit zur Avantgarde.

 

Zu diesem positiven Wandel und der Internationalisierung der spanischen Wirtschaft trägt auch Landsmann Sergio Oslé bei. Er ist Chef von Movistar+, die Film- und TV-Sparte von Spaniens Telekomriesen Telefónica. Mit dem gro?en Erfolg der in diesem Jahr von ihm auf den Markt gebrachten Serie "La Peste" hat der auch in Deutschland mit O2 operierende Konzern international Zeichen gesetzt in der Branche. Der im Sevilla des 16. Jahrhunderts angesiedelte Thriller hat die Experten wegen seiner enormen Qualität bei dem Einsatz vergleichsweise bescheidener Mittel überrascht.

 

Netflix versus Telefónica - noch wie David und Goliath

 

Die Spanier setzten so Anfang des Jahres ein Zeichen: Sie wollen bei spanischen Serien zukünftig den Ton angeben. Movistar+ produziert in Tres Cantos bei Madrid, in der Ciudad de la Tele (Stadt des Fernsehens). Dort hat auch gerade Netflix sein erstes Europa-Studio aufgemacht. 20 Produktionen haben die Amerikaner allein in diesem Jahr geplant. Die Gesamt-Investitionen in Fernsehinhalte von Movistar+ sind im Vergleich zu Wettbewerbern jedoch noch gering: "La Peste" hat zehn Millionen Euro gekostet, ingesamt hat Movistar+ für dieses Jahr 70 Millionen Euro für weitere Original-Produktionen bereitgestellt. Zum Vergleich: Netflix investiert in diesem Jahr in seine Inhalte 6,5 Milliarden Euro.

 

Telefónica hat den Coup von langer Hand geplant

 

Aber 2018 ist in jedem Fall der Start einer neuen Ära für Telefónica. Schon der langjährige Vorstandsvorsitzende César Alierta hatte bei Beginn seiner Karriere im Jahr 2000 den Verkauf von Inhalten im Auge: "Irgendwann werden wir viel mehr als ein Telefonanbieter sein. Wir werden vor allem Geld mit Serien, Filmen, Videos und Nachrichten verdienen, deswegen ist es für uns enorm wichtig, jetzt international durch Zukäufe rund um den Globus zu expandieren und so viele Kunden wie möglich zu erwerben", hatte er bereits 2005 im Interview mit dem "Handelsblatt" gesagt.

 

Mit dem rothaarigen Oslé, einem Stanford-Schüler und langjährigen McKinsey-Direktor, hat sein Nachfolger José María Álvarez-Pallete im vergangenen Jahr jemanden ausgewählt, der die Fernseh- und Filmsparte zum weltweit führenden Anbieter im Spanisch sprechenden Raum machen soll. Oslé ist ein Verfechter der Digitalisierung und hat mit dazu beigetragen, dass Spanien heute in vielen Bereichen der Telekommunikationstechnologien und bei ihrer Verbreitung in Europa den Ton angibt. Geld verdienen will Movistar+ vor allem mit Serien, da diese derzeit am meisten Erfolg haben.

 

Dazu haben sehr gute Produktionen wie "La casa de Papel" ( "Haus des Geldes" von Álex Pina) beigetragen. Diese auch in Deutschland laufende Produktion ist beim Konkurrenten Netflix die meistgesehenste Serie in Spanisch. Das hat die Amerikaner auch dazu gebracht, mit dem neuen Studio noch mehr auf das Sonnenland zu setzen als bisher. 13.000 Menschen arbeiten in Spanien bereits für Netflix.

 

Spanisch ist ein Wirtschaftsfaktor in der Filmindustrie

 

Gemä? des spanischen Kulturinstituts Cervantes sprechen inzwischen knapp 577 Millionen Menschen in der Welt Spanisch. "Nach Chinesisch ist es die meist gesprochene Sprache", sagt Richard Bueno Hudson, akademischer Direktor des Cervantes. Oslé will diese Entwicklung nutzen und sagt, dass 80 Prozent der Serien bereits bestellt und nicht mehr im regulären Fernsehprogramm geschaut werden. Dabei wird der Vertrieb der Inhalte seiner Meinung nach über immer ausgefeiltere Systeme und digitale Plattformen erfolgen. Im Februar kündigte er einen ambitionierten Plan für den Verkauf der eigenen Serien in Lateinamerika an, wo es bereits über 110 Millionen Handykunden und drei Millionen Haushalte gibt, die Movistar+ abonniert haben.

 

Spanien boomt als Drehort

 

Spanien wird dagegen der Haupt-Drehort für die neuen Produktionen. Denn das Land ist in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot der internationalen Filmindustrie geworden. "Direkte Konkurrenz für Hollywood sind wir sicher nicht, aber wir haben in Europa sicherlich mit das günstigste und am besten ausgebildete technische Personal, abgesehen von den idealen Lichtverhältnissen und der vielen freien Fläche, wo gedreht werden kann", sagt der spanische Produktionsdirektor Juanma Pagazaurtundua.

Der Baske hat bei Erfolgs-Produktionen wie "The Perfect Crime" von Starregisseur Alex de la Iglesia mitgewirkt und kennt die Branche seit vielen Jahren: "Die Qualität der Serien hat enorm zugenommen, mit Telenovelas hat das nichts mehr zu tun. Sie sind für Spanien inzwischen viel wichtiger als das Kino. Hier flie?t das ganze Geld der Produzenten hin", gesteht Pagazaurtundua ein, der vor allem Filme dreht. Was jedoch auch ihn freut: "Arbeitslosigkeit gibt es dank des Serien-Booms in diesem Sektor kaum noch". Allein die Movistar+-Produktion "La Peste" hat 400 Techniker und 2000 Schauspieler beschäftigt.

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Stefanie Claudia Müller

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