Menschenrechtssekretär für Aufarbeitung der Diktatur
Eine baldige Aufarbeitung der Verbrechen unter der Militärdiktatur (1964-1985) fordert der Menschenrechtssekretär der brasilianischen Regierung, Paulo de Tarso Vannuchi. Dies sei ein Gradmesser für den Stand der Demokratie in seinem Land, sagte Vannuchi im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Sao Paulo.
Trotz der gescheiterten Annullierung des Amnestiegesetzes von 1979 durch das Verfassungsgericht halte er eine Revision weiter für möglich, um Täter besser belangen zu können, so der Menschenrechtssekretär. Eine wichtige Aufgabe komme dafür der geplanten Wahrheitskommission von Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva zu. Er hoffe auf eine schnelle Zustimmung im Kongress und eine rasche Einsetzung der Kommission.
Wenn sich Lula noch in den letzten Monaten seiner Amtszeit für die Einsetzung der Wahrheitskommission einsetze, könnte diese 2011 und 2012 tagen und 2013 ihren Abschlussbericht präsentieren, erklärte Vannuchi: "So käme das Thema Vergangenheitsbewältigung zwei Jahre lang ins gesellschaftliche Bewusstsein." Der Abschlussbericht könne die bisherige Stimmung im Land ändern.
Die brasilianischen Streitkräfte, die sich gegen eine Revision der Amnestie wehren, würden nach Einschätzung Vannuchis selbst am meisten von einer Aufarbeitung profitieren. "Damit würde endlich die Spreu vom Weizen getrennt und die enorme historische Last von ihren Schultern genommen", so der Menschrechtsfunktionär wörtlich. Ohnehin gebe es bei den Menschenrechten einen Vorrang internationaler Abkommen vor nationalen Gesetzen. Zudem hätten die Folterer auch gegen brasilianische Gesetze verstoßen, und die Militärs hätten "nichts gegen diesen Rechtsbruch getan".
Vannuchi stellte klar, bei der geplanten Verfolgung von Straftaten gehe es nicht um Strafprozesse, sondern lediglich um Zivilrechtsprozesse. Die Täter könnten zwar als Folterer verurteilt werden, ohne aber ins Gefängnis zu müssen. Immerhin gebe es so eine "öffentliche Ächtung". Grundsätzlich, so betonte der regierungsbeauftragte, "sollten Menschenrechtsprozesse niemals einen revanchistischen Charakter haben oder auf Rache sinnen". Vergebung und nationale Versöhnung sollten stattdessen im Vordergrund stehen.
Quelle: kna