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Mehr Quechua, aber noch nicht genug

-¡Allinllachu, taytay! ¿Imata munanki? (Guten Tag, mein Herr. Was kann ich für Sie tun?)

So wird ein Quechua-Sprecher am Bankschalter der Banco de Crédito del Perú (BCP) begrüßt - allerdings nicht in Peru, sondern in den Filialen des Unternehmens in Bolivien.

Offensichtlich hat die BCP angeordnet, Kunden im Nachbarland in Aymara oder Quechua zu bedienen, wenn sie dies wünschen. Zudem hat die Bank einen wunderschönen Sammelband mit ins Quechua und Aymara übersetzten Gedichten von César Vallejo finanziert. Herausgeber der Publikation ist die peruanische Botschaft in Bolivien. Weshalb, so fragt man sich, geschieht so etwas nicht in Peru, wo es sieben Mal mehr Quechua-Sprecher gibt, als in Bolivien?

Landesbehörden verlangen kaum bilinguale Kenntnisse

Es gibt tatsächlich vorzeigbare Anstrengungen in Bezug auf Quechua in Peru, wiewohl, bis bis zum jetzigen Zeitpunkt, ist die BCP daran nicht beteiligt. Wer etwa bei den Gemeinden Abancay, Huamanga, San Juan Bautista oder Jesús Nazareno oder aber bei den Regionalregierungen von Apurímac, Ayacucho, Cusco oder Huancavelica eine Anstellung haben will, muss Quechua-Kenntnisse vorweisen. Die Kleinstadt Andahuaylas hat verfügt, dass alle öffentlichen und privaten Einrichtungen in der Provinz, von der Justizbehörde bis zu den Nichtregierungsorganisationen Angestellte haben müssen die dazu in der Lage sind, ihre Kunden und Klienten auch in Quechua zu betreuen, wenn das notwendig sein sollte.

Auf nationaler Ebene hat man hingegen lediglich festgelegt, dass Pflichtverteidiger Quechua oder Aymara sprechen müssen falls sie in ein Gebiet entsandt werden, wo vor allem diese Sprachen gesprochen werden. Es steht noch aus, dass dies auch für Richter, Staatsanwälte, Angestellte der Staatsbank, Polizisten und andere Amtspersonen zur Bedingung wird.

Erste Literatur-Übersetzungen ins Quechua

Allerdings war es bis vor kurzem für die Quechua-Sprecher so gut wie unmöglich, Publikationen in dieser Sprache zu finden. Doch vergangenen Montag habe ich einer Präsentation der Sammlung Runasimi des Verlags San Marcos - der nichts mit der Universität desselben Namens zu tun hat - beigewohnt. Der Verlag hat Werke wie “Paco Yunque” von César Vallejo oder “El Caballero Carmelo” von Abraham Valdelomar, “El Sueño del Pongo” und “La Agonía del Rasu Ñiti” von José María Arguedas ins Quechua übersetzt. Es ist kein Zufall, dass die Buchpräsentation im Kulturzentrum Ccori Wasi (Haus des Goldes) der Universität Ricardo Palma stattfand. Trotz allem wäre es noch besser, es würde Literatur publiziert, die direkt in Quechua verfasst wurde.

Auch die Verfassung von Peru wurde nun, ganze 187 Jahre nach Verabschiedung der ersten Fassung, ins Quechua übersetzt und vom Justizministerium veröffentlicht. Allmählich scheint auch die Stadtbevölkerung das Quechua wertzuschätzen. Vor zehn Jahren war es schwierig, im Sprachzentrum der Universität Católica einen Quechua-Kurs durchzuführen: Es gab nicht eine einzige Anmeldung. Heutzutage gibt es im Studium Generale gleich zwei Angebote mit vielen interessierten Studenten.

Quechua für Kinder der Mittelschicht

In den Privatschulen Pukllasunchis (“Wir spielen”) in Cusco und Tarpurisunchis (“Wir säen”) in Abancay wird Kindern der Mittelschicht Quechua beigebracht, deren Eltern wahrscheinlich diese Sprache nicht mehr sprechen. In beiden Schulen wird das Lernen sehr unterhaltsam gestaltet: Die Kinder lernen das Sprechen der Sprache, indem sie über Geburtstagsfeiern und Ausflüge berichten. Die Schule Tarpurisunchis hat zudem sechs Fernsehsendungen für Jugendliche in Quechua ausgearbeitet. Das Programm heißt Saqrakuna (Spitzbuben) und enthält Reportagen, Interviews und Sketche.

Doch wir sind trotzdem noch weit von den Verhältnissen in Spanien, Kanada, Belgien oder der Schweiz entfernt wo sprachliche Unterschiede eine Person nicht daran hindern, ihre Grundrechte wahrnehmen zu können.

Standardisierung der Sprache steht noch aus

Eine der größten Schwierigkeiten besteht auch 35 Jahre nachdem Quechua offizielle Landessprache geworden ist, darin, dass wir noch immer keine Standards für die Sprache haben, im Gegensatz zum Kekchi in Guatemala oder zum Baskischen in Spanien. Allein im südlichen Andenraum gibt es Quechua-Dialekte, die sich wiederum stark von der Quechua-Variante Inkahuasi-Cañaris unterscheiden, dass in Peru im Raum von Lambayeque gesprochen wird oder vom Quechua, wie in Ankash. Wiederum einen anderen Dialekt sprechen die Quechua von Napo im Amazonasgebiet Perus. Daher ist eine Übereinkunft zwischen dem Staat und den unterschiedlichen Sprechern dieser Sprache notwendig, so wie das in Bolivien und Ecuador geschehen ist.

Desinteresse wegen täglicher Diskriminierung

Eine andere Schwierigkeit besteht darin, dass viele Quechua-Sprecher ihre eigene Sprache als eine Fessel empfinden, von der sie ihre Kinder befreien möchten. Während Quechua in den bilingualen Schulen der Mittel- und Oberschicht, wo auch Englisch, Italienisch, Französisch oder Deutsch angeboten werden, sehr stark nachgefragt wird, zeigen Bauern kein Interesse an einer zweisprachigen Ausbildung. Im Gegenteil, sie vermuten dahinter sogar eine Strategie mit dem Ziel, die Landbevölkerung weiterhin im Hintertreffen zu halten. Darin zeigt sich ein Problem mit dem Selbstbewusstsein - ebenso wie die tägliche Erfahrung von Diskriminierung.

Aus all diesen Gründen steht es noch aus, dass der Staat selbst, dass Medien und Privatunternehmen, bei denen die Auffassung vorzuherrschen scheint, in Peru gebe es nur eine Sprache, Quechua sprechen. Wenn ich an die Erfahrungen mit der BCP in Bolivien denke, so frage ich mich, welches Kreditunternehmen wohl zuerst die Entscheidung treffen wird, seine Kunden auch in Quechua zu bedienen?

Autor: Wilfredo Ardito Vega in Adital; deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

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