Lula darf nicht kandidieren
Dem Staatschef der Jahre 2003-2010 wird Korruption vorgeworfen, er wurde deshalb zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. Dessen ungeachtet hatte sich Luiz Inácio Lula da Silva für die Präsidentenwahl am 7. Oktober als Spitzenkandidat der linken Arbeiterpartei (PT) eingeschrieben. Ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz verbietet allerdings die Kandidatur von Vorbestraften. Demnach darf ein Kandidat acht Jahre lang nicht bei Wahlen antreten, wenn er wegen eines Verbrechens in zweiter Instanz verurteilt wurde. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Ausnahmen von dieser Regel.
Generalstaatsanwältin Raquel Dodge und eine Reihe rechter Politiker hatten unter Berufung auf das Verbot Beschwerde gegen die Kandidatur Lulas eingelegt. Vier von sieben Richtern des Obersten Wahlgerichts in Brasilia stimmten nun gegen seine Nominierung durch die PT. Die Partei kündigte nach dem Urteil an, "mit allen Mitteln" für Lulas Kandidatur zu kämpfen. Man werde Rechtsmittel einlegen und "Lula auf den Straßen verteidigen, mit dem Volk, denn er ist ein Kandidat der Hoffnung", erklärte die Partei.
Martin Schulz: Ich glaube Lula
Der UN-Menschenrechtsausschuss hatte die brasilianische Regierung Mitte August aufgefordert, Lula bei der Präsidentschaftswahl antreten zu lassen, solange er nicht sämtliche juristische Möglichkeiten ausgeschöpft habe, gegen seine Verurteilung vorzugehen. Erst am Donnerstag hatte der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz Lula im Gefängnis besucht und sich dafür ausgesprochen, dass der Ex-Präsident noch einmal antreten darf. "Keine Macht der Welt kann mich daran hindern, zu einem Mann, den ich seit vielen Jahren kenne und dem ich vertraue, zu sagen: Ich glaube dir", sagte Schulz.
Trotz seiner Inhaftierung ist der 72-Jährige nach jüngsten Umfragen der mit Abstand beliebteste Bewerber um das Präsidentenamt im größten Land Südamerikas. Von seiner Gefängiszelle aus konnte Lula da Silva seinen Vorsprung vor den Mitbewerbern sogar noch ausbauen. Fast 40 Prozent der Wahlberechtigten, also rund 57 Millionen Brasilianer, würden ihm laut einer aktuellen Erhebung ihre Stimme geben. Lulas Anhänger rechnen dem ehemaligen Gewerkschafter immer noch hoch an, dass er während seiner Präsidentschaft erfolgreiche Programme zur Armutsbekämpfung auflegte.
Lula spricht von "rechtem Komplott"
Sollte sich die Entscheidung des Wahlgerichts gegen Lula bestätigen und auch mögliche Einsprüche dagegen abgewiesen werden, wird vermutlich sein Vizepräsidentschaftskandidat Fernando Haddad statt seiner für die PT ins Rennen gehen. Fraglich bleibt, wie weit er von der Popularität des Ex-Präsidenten profitieren könnte. Zweitplatzierter in den Umfragen ist derzeit der ultra-rechte Ex-Fallschirmjäger Jair Bolsonaro, der gegen Homosexuelle, Minderheiten und Frauen hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Der in eine Reihe von Korruptionsaffären verwickelte rechtskonservative Amtsinhaber Michel Temer tritt bei der Wahl nicht an.
Lula ist in den Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt. Er sitzt seit April im Gefängnis und beteuert seine Unschuld. In einem Gastbeitrag für die "New York Times" Anfang dieser Woche beklagte er ein rechtes Komplott gegen ihn, an dem seine politischen Gegner, die Massenmedien und Teile der Justiz beteiligt seien. Ziel der Intrige sei nicht er, sondern seine Politik der sozialen Gerechtigkeit, die seit der Machtübernahme von Temer zurückgeschraubt werde.
Brasilien steckt in einer schweren Krise. Vor einigen Jahren galt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch als aufstrebende Regionalmacht, heute gilt das Land als Sorgenkind. Durch die jüngsten Korruptionsskandale ist fast die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam.
Quelle: Deutsche Welle, qu/cw/haz (dpa, afp, rtr, ape)