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Kolumbien |

Landraub mit Hilfe des Staates

In Kolumbien hat eine unbekannte Zahl von Agrarunternehmern und Staatsbeamten mit den rechten Paramilitärs gemeinsame Sache gemacht, um Kleinbauern ihrer Grundstücke zu berauben. Die Regierung des neuen Präsidenten Juan Manuel Santos darf sich deshalb auf Widerstand gegen eine Rückgabe gestohlener Territorien gefasst machen.

Im Verlauf des bald 50-jährigen Bürgerkriegs töteten oder vertrieben die Milizen als Handlanger einflussreicher Kreise Heerscharen von Bauern. Danach gingen die Grundstücke zu einem symbolischen Preis in den Besitz der Unternehmer über. Die Behörden erklärten die illegalen Geschäfte für rechtens.
"Es gab ein regelrechtes Komplott", sagte Jaire Castillo, ein ehemaliger Chef der Paramilitärs, die wie die Armee gegen die linksgerichtete Guerilla in dem südamerikanischen Land kämpfen. Castillo, auch unter dem Tarnnamen ‘Pitirri’ bekannt, lebt seit zehn Jahren im Exil. Als geschützter Zeuge sagt er in Prozessen gegen Politiker aus, denen Kontakte zu illegalen Gruppen vorgeworfen werden.

Über die Stellungnahmen des Ex-Paramilitärs berieten kürzlich kolumbianische Parlamentarier, die sich auf Betreiben des linken Abgeordneten Iván Cepeda mit Landraub und Vertreibungen beschäftigen.
‘Pitirri’ kritisierte, dass sich die Justiz bisher vor allem auf diejenigen konzentriere, die "getötet haben". Es müsse auch gegen diejenigen ermittelt werden, die sich widerrechtlich rund 5,5 Millionen Hektar Land von Bauern angeeignet hätten, forderte er. Die Zahl hat eine nichtstaatliche Kommission ermittelt, die sich mit dem Schicksal von schätzungsweise drei bis vier Millionen vertriebener Zivilisten befasst.

Der frühere Staatspräsident Alvaro Uribe, der von 2002 bis Anfang August dieses Jahres amtierte, hatte mit der Aussicht auf Haftstrafen von bis zu acht Jahren eine teilweise Demobilisierung der Paramilitärs erreicht. Die ehemaligen Kämpfer wurden außerdem dazu verpflichtet, den Opfern Entschädigungen zu zahlen. Passiert ist seitdem jedoch nicht viel.

Die Paramilitärs hatten in Kolumbien zwischen 1994 und 2000 an Einfluss gewonnen. Damals trieb die Regierung den Kampf gegen die linke Guerilla verstärkt voran. Zehntausende Bauern wurden als mutmaßliche FARC-Sympathisanten ermordet, Millionen Menschen von ihrem Land vertrieben. Die meisten flüchteten sich in Slums der Städte.

Nach Ansicht des Abgeordneten Guillermo Rivera von der regierenden Liberalen Partei, der dem Parlament gemeinsam mit Cepeda Namen verdächtiger Firmen, Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen vorlegte, hat die Staatsanwaltschaft Erstaunliches in Erfahrung gebracht. So besitzen die Paramilitärs offenbar nicht so viel Land wie angenommen. Bislang seien nur Besitztitel über 6.600 Hektar ermittelt worden.

Insgesamt zwei Millionen Hektar seien teils auf den Namen von Strohmännern registriert worden und teils an Geschäftsleute verkauft worden, erklärte Rivera. Der Abgeordnete forderte, dass diese Ländereien nun an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden sollten. Sie dürften daher nicht in den Entschädigungsfonds für die Opfer eingehen.

Subventionen für die Diebe

Laut Rivera wurde inzwischen bekannt, dass mehrere Strohmänner in den Genuss staatlicher Begünstigungen gekommen waren. Sie hätten unter anderem zinsgünstige Kredite und Subventionen vom Agrarministerium erhalten. Erst im letzten Amtsjahr von Uribe seien korrupte Machenschaften im Zusammenhang mit dem Förderprogramm ‘Agro Ingreso Seguro’ aufgedeckt worden.

Die Strohmänner hätten ihrerseits Wahlkämpfe von Uribe nahe stehenden Politikern finanziert, berichtete Rivera. Davon habe beispielsweise der ehemalige Präsidentschaftskandidat Andrés Felipe Arias profitiert, der unter Uribe Agrarminister war.

Uribe gehörte zeitweise der Liberalen Partei an. Die Wahlen 2002 hatte er jedoch als unabhängiger Kandidat gewonnen. In seiner Amtszeit verhinderte seine Fraktion im Parlament ein Gesetz zur Entschädigung von Bürgerkriegsopfern, das auch die Rückgabe von Land vorsah.

Abgeordnete vermutlich in Landraub verstrickt

Juan Houghton, Direktor des nichtstaatlichen Studienzentrums ‘Casa del Pensamiento’, ist nicht sicher, wie weit die neue Regierung bei der Aufklärung der Landfragen kommen wird. Die meisten Maßnahmen würden vom Parlament beschlossen, sagte er im Gespräch mit IPS. Viele Abgeordnete der Regierungskoalition seien aber wahrscheinlich selbst in die illegalen Geschäfte verstrickt.
Der neue Agrarminister Juan Camilo Restrepo hat zwar eine Landreform angekündigt und will zwei Millionen Hektar Land verteilen, die sich in illegalem Besitz befinden. Laut Houghton versuchen aber Erben und Strohmänner mit guten Kontakten zum Parlament zu verhindern, dass diese Pläne umgesetzt werden könnten.

Autorin: Constanza Vieira, deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe, in: IPS-Weltblick

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