Kommunalwahlen: Erster Stimmungstest für Maduro
Die Gemüter haben sich immer noch nicht beruhigt. Auch gut acht Monate nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela stehen sich Regierung und Opposition in tiefer Spaltung gegenüber.
Bis heute hat das Lager des unterlegenen bürgerlichen Kandidaten Henrique Capriles den Sieg des Sozialisten Nicolas Maduro, Wunschnachfolger des im Frühjahr verstorbenen Hugo Chavez, nicht anerkannt. Zwar haben alle offiziellen Stellen das knappe Wahlergebnis bestätigt. Doch den zahlreichen Hinweisen auf Tricksereien rund um die Wahl, die der Opposition nach eigenen Angaben vorliegen, sind weder das von den Sozialisten dominierte oberste Gericht noch der Wahlrat nachgegangen. So bleibt der Verdacht einer Manipulation ungeklärt im Raum stehen.
Rund 19 Millionen Wahlberechtigte sind für Sonntag aufgerufen, mit ihrer Stimme Bürgermeister und Stadträte zu wählen. Die Kommunalwahl war ursprünglich bereits für April geplant, aufgrund des Todes des Übervaters Chavez und der daraufhin notwendigen Präsidentschaftswahlen allerdings verschoben worden.
Eskalation und Anfeindungen
Der Urnengang gilt als erster Stimmungstest für den neuen Präsidenten. Dem einstigen Busfahrer Maduro ist es bislang nicht gelungen, die Probleme der venezolanischen Wirtschaft in den Griff zu bekommen. Zuletzt eskalierte die Situation, als der Präsident Milizen in den Supermärkten auflaufen ließ, um angebliche Preisabsprachen und Wucher zu bekämpfen. An der sozialistischen Basis kam das gut an - zumal Maduro ankündigte, dass künftig Preisobergrenzen die Kostenexplosion stoppen sollen. Wirtschaftsverbände und die Opposition warfen der Regierung vor, lediglich die Symptome, nicht aber die Ursachen für die tiefgreifende Wirtschaftskrise zu bekämpfen.
Ähnlich sieht es auf anderen Konfliktfeldern aus. Für die ständigen Stromausfälle macht die Regierung angebliche Sabotage der Opposition verantwortlich. Die wiederum sieht die Regierung in der Pflicht; sie habe versäumt, trotz sprudelnder öl-Einnahmen in das marode Stromnetz zu investieren.
Wahlaufruf
Bei den Präsidentschaftswahlen gingen Regierung und Opposition fast Kopf an Kopf ins Ziel. Trotzdem werden nahezu alle staatlichen Institutionen von den Sozialisten dominiert. Nun hofft die Opposition, über Erfolge bei den Kommunalwahlen eine Basis für politische Veränderungen im Land zu erhalten, die der tatsächlichen politischen Stimmenverteilung entspricht. Maduro regiert unterdessen am Parlament vorbei per Sondervollmachten.
Die Interamerikanische Menschenrechtskommission äußerte sich besorgt über die Ermordung eines Stadtratskandidaten im nordwestlichen Bundesstaat Zuila in der vergangenen Woche. Das für Menschenrechtsfragen zuständige Organ der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) rief die Regierung Maduro auf, die politisch aufgeheizte Stimmung nicht weiter durch Polemik zu befeuern.
Ähnlich sieht es die katholische Kirche. Die Bischöfe hoffen darauf, dass sich das aufgeheizte Klima nach den Wahlen abkühlt und es vielleicht doch noch zu einem Dialog zwischen Regierung und Opposition kommt: "Wir bieten weiterhin unsere Mitarbeit an, um die besten Beziehungen zwischen den verschiedenen Sektoren der Gesellschaft zu erreichen." Kardinal Jorge Urosa Savino von Caracas rief alle Landsleute zur Stimmabgabe auf; dies sei eine moralische Pflicht.
Autor: Tobias Käufer/KNA.
Nicolas Maduro bei seiner Vereidigung als Präsident von Venezuela. Foto: chavezcandanga/flickr CC BY-NC-SA 2.0