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Kolumbien und die FARC - der Weg zum Frieden ist lang

"Frieden und Brot" - Graffiti in Kolumbien. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
"Frieden und Brot" - Graffiti in Kolumbien. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Das Lager trägt den Namen "Mariana Paez", einer 2009 im Kampf gefallenen ehemaligen Chef-Ideologin der Guerilla. Rund 600 ehemalige Kämpfer der linksgerichteten FARC haben sich in das Übergangslager unweit der Stadt Mesetas in der Provinz Meta zurückgezogen. Nun wird fleißig gebaut, nicht nur an Unterkünften für die noch provisorisch untergebrachten ehemaligen Staatsfeinde, sondern auch an der Zukunft der FARC. Genau hier haben die Rebellen vor einigen Wochen in einer weltweit beachteten Aktion ihre Waffen symbolisch an die Vereinten Nationen übergeben. Nun geht es darum, den nächsten Schritt zu tun.

Diego Gutierrez ist einer von zwei abgestellten Guerilleros, die im Rahmen einer vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat organisierten Pressereise Journalisten durch das Lager führen und Fragen beantworten. Die anderen, so teilt Gutierrez mit einem verlegenen Lächeln mit, hätten Tagesbefehle und stünden daher nicht für ausführliche Gespräche zur Verfügung. In der Tat wird eifrig gearbeitet im Lager "Mariana Paez". Fundamente werden gegossen, Mauern hochgezogen, Gemüsebeete angelegt. "Was wir haben, ist unser Wille zur Arbeit und unsere Hände", sagt Gutierrez.

Existenzgründungskredite für Ex-Rebellen

Von irgendwo her klingt Babygeschrei. Seit sich die FARC von der Praxis der Zwangsabtreibungen verabschiedet hat, ist ein Kinderboom ausgebrochen. Ein Indiz dafür, dass die angeordneten Schwangerschaftsabbrüche doch nicht so ganz freiwillig waren, wie es die FARC-Propaganda in der Vergangenheit stets verkündete. Die Guerilleras sollten einsatzbereit bleiben und sich für den bewaffneten Kampf aufopfern - nicht für eine Familie.

Am Eingang des Lagers verkündet ein Banner die neue Losung der bis dato ältesten noch aktiven Guerilla-Bewegung Lateinamerikas: "Gehen wir für den Frieden und die Versöhnung." Die streng militärisch organisierte Kommandostruktur des Landes gibt die neue Denkweise vor, das Fußvolk folgt. Nun steht der Frieden im Zentrum der Kommunikation.

Das Lager ist nicht leicht zu erreichen, es liegt knapp eine Autostunde von der Stadt Mesetas entfernt. Ein Grund dafür ist, dass sich die Rebellen vor Übergriffen rechtsgerichteter Paramilitärs schützen wollen - die Lage erschwert jedoch auch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Ebenso wie der Neid der übrigen Bevölkerung, denn die Rebellen bekommen etwas mehr als den staatlichen Mindestlohn von knapp 800.000 Pesos (umgerechnet etwa 250 Euro) sowie einen Minikredit zur Existenzgründung. Viele Campesinos auf dem Land verdienen weniger. In der Nachbarschaft gibt es zudem Ängste; nicht jeder freut sich über die Ex-Kämpfer in der eigenen Provinz. Trotzdem gibt es bislang kaum Berichte über Zwischenfälle.

FARC hat ihre Zusagen bisher eingehalten

Der Durchschnittskolumbianer in der Großstadt hat keine Vorstellung davon, wie es in den Lagern aussieht. Das ist einer der Makel dieses Friedensprozesses: Vieles findet im Verborgenen statt. Das neue Leben in den Lagern, die Übergabe der Waffen, das Bitten der FARC um Vergebung für von ihr verübte Massaker - all das findet größtenteils hinter verschlossenen Türen statt. Die fehlende Transparenz ist der Nährboden für gefährliche Gerüchte etwa von Rechtspopulisten.

Ihren ambitionierten Zeitplan konnte die Santos-Regierung nicht einhalten: Strom, Wasser, Kommunikation in den Lagern - all das kam erst spät oder ist noch immer nicht umgesetzt. Das ist angesichts der abgelegenen Orte allerdings auch eine große logistische Herausforderung. Die FARC hingegen habe ihre Zusagen eingehalten, stellt Monika Lauer Perez, Kolumbien-Expertin des deutschen Lateinamerika-Hilfswerkes Adveniat, fest.

Kritik an Vermögensbilanz der FARC

Trotzdem gibt es scharfe Kritik an der ehemaligen Guerilla, die vor wenigen Tagen eine Liste ihrer Vermögenswerte vorlegte. Demnach verfügt die FARC über keinerlei Mittel - trotz des Drogen- und Waffenhandels in der Vergangenheit. Das sei eine Verhöhnung der Opfer, heißt es aus dem Lager der Opposition, denn mit dem Vermögen sollten sie entschädigt werden. Auch die Staatsanwaltschaft hat große Zweifel an der Vollständigkeit der Liste. Der Weg zum Frieden ist noch lang, nicht nur in Mesetas muss an den Fundamenten noch gearbeitet werden.

Autor: Tobias Käufer, Quelle: KNA, Foto: Adveniat/Jürgen Escher

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