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Brasilien |

Kokosnüsse gegen Pfefferspray und Tränengas

Polizei stürmt Indio-Camp am Maracana-Stadion in Rio. 200 Polizisten gegen nackten Protest, Tränengas und Pfefferspray gegen Kokosnüsse, kugelsichere Westen gegen Federschmuck.

Mit einem ungleichen Showdown endete der seit Monaten zwischen der Landesregierung von Rio de Janeiro und einer Hand voll Indigener ausgetragene Disput um ein über 150 Jahre altes Gebäude, das direkt neben Brasiliens Fußballtempel Nummer Eins, dem Maracana, steht. Während die Landesregierung hier angesichts der anstehenden Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr Parkplätze bauen wollte, verlangten die Indios die Einrichtung eines indigenen Kulturzentrums. Ihren Willen bekommt nun keine der beiden Seiten: das Gebäude soll demnächst das "Olympische Museum" beherbergen.

Kopfschmerzen und schlechte Presse

Über Monate bescherten die gut zwei Dutzend aus ganz Brasilien stammenden Indigenen der Landesregierung heftige Kopfschmerzen. Und jede Menge schlechte Presse. Selbst internationale Medien berichteten über die fragwürdige Entscheidung, ein historisch bedeutsames Gebäude us der Kaiserzeit für Parkplätze zu opfern. Zudem haben die seit mehr als sechs Jahren in dem Gebäude lebenden Indigenen nach brasilianischem Gesetz längst faktisch das Wohnrecht erworben. Eine breite Front aus Menschenrechtsgruppen, Historikern, Rechtsanwälten und Gegnern der WM-bedingten Umbauten in der Stadt stellten sich deshalb geschlossen hinter die Indigenen.

So begleitete eine Gruppe von 200 Demonstranten auch die Räumung des Geländes am frühen Freitagmorgen. Dabei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen mehrere Personen festgenommen wurden. Während die Demonstranten die Polizisten mit grünen Kokosnüssen bewarfen, antwortete diese mit Tränengasgranaten und Pfefferspray. Eine nackt demonstrierende Angehörige der weltweiten Protestbewegung "Femen" wurde während des Tumults von einem Auto angefahren, blieb aber unverletzt.

Shoppingcenter statt Schule

Der Protest erklärt sich zum einen aus der historischen Bedeutung des Gebäudes für Brasiliens Indigene. Ab 1915 diente das 1862 erbaute Gebäude als Sitz der ersten Schuzbehörde für Indigene, SPI, einem Vorläufer der derzeitigen Behörde für die indigenen Belange, FUNAI. Von 1953 bis 1977 war es Sitz des "Indigenen Museums", bevor dieses in den südlichen Stadtteil Botafogo verlegt wurde. Bis zur Besetzung durch die Indigenen im Oktober 2006 stand es danach leer und verfiel.

Die ehrgeizigen Pläne der Regierung für das Maracana-Stadion, das neben dem Konföderationen-Cup im Juni und der WM 2014 auch noch die Olympischen Spiele 2016 beherbergen wird, gehen noch viel weiter: Ende 2013 soll eine neben dem Stadion gelegene öffentliche Schule abgerissen werden, die als beste in Rio gilt. Auch das Schwimm- und Leichtathletikstadion daneben sollen weichen, damit der demnächst private Stadionbetreiber Platz für den Bau einer Shopping- und Vergnügungsmeile hat.

Rio: Zentrum für Unterhaltung

Nicht nur Brasiliens Athleten, die hier für die Heim-Olympiade 2016 trainieren, fragen sich, wo sie demnächst bleiben werden. Auch für die Schüler besagter Schule gibt es noch keine Ausweichquartiere. Immerhin hat die Regierung de Indigenen bereits ein Grundstück im Westen der Stadt angeboten, auf dem sie leben können. Zuerst einmal wurden sie von der Polizei in einem Hotel untergebracht.

"Wir sehen heute, dass Rio de Janeiro umgestaltet wird, um ein Zentrum für Unterhaltung und Tourismus zu werden, wobei ganz bestimmte Gruppen von Unternehmern bevorteilt werden, die dadurch viel Geld verdienen," kritisiert Gustavo Mehl vom "Comite Popular", einem Zusammenschluss der Zivilgesellschaft, die Pläne für das Maracana. Das "Comite" bemängelt die fehlende Bürgerbeteiligung bei den Umgestaltungsplänen sowie die geplante Privatisierung des landeseigenen Stadions. Das Maracana wird derzeit mit rund umgerechnet rund 385 Millionen Euro an Steuergeldern für die sportlichen Großereignisse umgebaut. Die Übergabe an einen privaten Betreiber ist auch deshalb vielerorts äußerst umstritten.

Autor: Thomas Milz, Quelle: KNA.

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