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Kolumbien |

"Kohle für Deutschland bedroht das Wayuu-Volk"

Die Wayuu-Indigene Deri Paz berichtet auf einer Deutschland-Tour über die Auswirkungen des Kohleabbaus in Kolumbien. Foto: Benjamin Beutler.
Die Wayuu-Indigene Deri Paz berichtet auf einer Deutschland-Tour über die Auswirkungen des Kohleabbaus in Kolumbien. Foto: Benjamin Beutler.

Blickpunkt: Für deutsche Energieversorger wie RWE und EON ist die Steinkohle aus Kolumbien unverzichtbar. Hierzulande wird die Steinkohle aus einer der weltweit größten Tagebaue in Kohlekraftwerken verfeuert. Kolumbien ist der drittwichtigste Steinkohleimporteur für Deutschland. Was bedeutet der Kohleabbau für Ihre Gemeinden?

Deri Paz: Für das Volk der Wayuu im Departamento Guajira sind die Folgen von "El Cerrejón" die Zerstörung der Natur, Vertreibung dörflicher Gemeinschaften, Entwurzelung aus unserer Heimat, Verlust der Bewegungsfreiheit in unserem eigenen Land, die Verletzung der Menschenrechte und des Eigentums. Der Kohletagebau stellt mein Volk vor die Gefahr auszusterben. Bis heute sind schon viele indigene Gemeinschaften durch neue Kohleabbau-Vorhaben und den bestehenden Abbau verschwunden. Land und Boden sind verseucht und zerstört, auf dieser Erde wird wohl nie wieder etwas wachsen.

Sind sich die Menschen vor Ort eigentlich bewusst, dass die Kohle aus ihrer Heimat nach Deutschland, Europa und nach China verschifft wird, und dort für Wohlstand sorgt, aber auch dem Klima schadet?

Nein, die Menschen in den zwangsumgesiedelten Dörfern oder in alten Gemeinschaften am Rand des Tagebaus wissen überhaupt gar nichts davon. Sie wissen nichts von Sinn und Unsinn der kolumbianischen Kohle. Vielleicht wissen einige Leute, dass Deutschland die Kohle kauft, aber sie wissen nicht, was in Deutschland damit passiert. Aber ich denke, das ist dasselbe, wie die Menschen in Deutschland, welche die Kohle oder den Strom kaufen nicht wissen, was die Folgen des Kohleabbaus hier in Kolumbien sind.

Das Unternehmen, das "El Cerrejón" betreibt - ein Zusammenschluss namhafter Rohstoff-Multis wie BHP Billiton, Glencore und Anglo American - sagt immer wieder, dass sie in enger Zusammenarbeit mit den Anrainer-Gemeinden stehen würden...

In den Hochglanz-Broschüren sieht die Welt natürlich in Ordnung aus. Vor Ort ist die Situation eine andere. Im Süden von La Guajira müssen die Indigenen und Bauern in die Stadt ziehen, um ihr Leben vor den Gesundheitsschäden des Tagebaus zu schützen. Wir beklagen immer wieder, dass der Kohlestaub in unsere Dörfer zieht. Dass wir Hautprobleme und Atemwegsbeschwerden haben. Dass unser Trinkwasser verseucht ist. Dass die Tiere mit Missbildungen auf die Welt kommen. Dass wir die Explosionen aus dem Tagebau spüren. Aber das Unternehmen "El Cerrejón" streitet das ab. Sie beuten die Natur in unseren historischen Gebieten aus, aber das Kohle-Unternehmen hat sehr viel Macht und dazu die Unterstützung des Staates, der lokalen Politik und der Departamento-Regierung. Die meisten von uns fliehen am Ende vor der Verfolgung und Bedrohung durch Angestellte und Sicherheitspersonal von "El Cerrejón". Auch jetzt weiß die Firma ganz genau, wo ich bin, was ich mache und mit wem ich mich treffe.

Nun sieht es nicht so aus, als sei ein Ende von "El Cerrejón" in Sicht, der Tagebau soll sogar ausgeweitet werden. Trotzdem kämpfen Sie weiter...

Ja, es bleibt uns nichts anderes übrig. Als Verteidigerinnen der Menschenrechte und als Gegnerinnen des Bergbaus werden wir unsere Kampagnen weiter machen. Auf lokaler Ebene, in den sozialen Netzwerken, ab und an in anderen Ländern wie jetzt in Deutschland. Für unser Anliegen ist es mehr als wichtig, dass die Folgen des Bergbaus bekannt gemacht werden.

Und wie kann hier aus Deutschland geholfen werden, auch hierzulande gibt es ja Kohletagebaue, die Menschen, Natur und Klima schaden?

Nun, wir müssen uns zusammenschließen mit Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt. Wir müssen uns international stärken, damit wir den Menschen, welche die Kohle am Ende verbrauchen und Nutzen aus ihr ziehen, mit noch mehr Überzeugungskraft und Häufigkeit vor Augen führen, dass Kohle uns allen schadet.

Das Referendum am Wochenende hat den Friedensvertrag zwischen kolumbianischem Staat und der Farc-Guerilla knapp abgelehnt. Spielte die Umweltfrage, die Forderung nach einem "ökologischen Frieden" und damit auch für die Wayuu von El Cerrejón, im Friedensvertrag eine Rolle?

Leider nein. Die Fragen zu Bergbau wurden in dem Abkommen nicht explizit geregelt. Dabei ist es für uns indigene Völker ganz klar, dass es mit einem Fortbestehen des Bergbaus in unseren Gebieten keinen echten Frieden geben kann. Auch darum bleibt es für uns eine wichtige Aufgabe, dass wir weiter gegen die Kohle kämpfen, damit sich das Blatt zum Guten wendet!

Interview: Benjamin Beutler.

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