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Knast oder Palast? - Ex-Präsident Lula vor Gericht

Ex-Präsident Lula da Silva weist alle Korruptionsvorwürfe zurück. Foto: Thomas Milz
Ex-Präsident Lula da Silva weist alle Korruptionsvorwürfe zurück. Foto: Thomas Milz

Lula in der rechten Ecke mit roten Boxhandschuhen, Richter Sergio Moro in der linken mit schwarzen Fäusten. "Abrechnung" so der Titel, "Das Treffen des Jahres" sei es.

Brasiliens Printmedien machen pünktlich zur ersten persönlichen Begegnung zwischen Altpräsident Luiz Inacio Lula da Silva und seinem Richter mit bombastischen Titelblättern auf. Am Mittwoch, 10. Mai 2017, soll Lula zum ersten Mal persönlich vor dem Richter zu Korruptionsvorwürfen aussagen. Gegen Lula, von 2003 bis 2010 Präsident, laufen ein halbes Dutzend Prozesse. Während seiner Amtszeit und danach soll er im Dienst großer Baufirmen gehandelt haben, die dafür seiner Arbeiterpartei PT die Wahlkämpfe und Lula so manche Extravaganzen finanzierten. Sogar eine monatliche Rente für seinen Bruder sei gezahlt worden, sagten Kronzeugen aus.

Lulas Image hat schweren Schaden genommen. Trotzdem führt er sämtliche Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen 2018 an. Zum einen weil seine möglichen Herausforderer mindestens genauso tief im Korruptionssumpf stecken. Zum anderen hat er immer noch starken Rückhalt in den ärmsten Bevölkerungsgruppen, die von seiner Sozialpolitik am meisten profitiert hatten. Rund 30 Millionen Brasilianer entkamen unter Lula der Armut.

Anhänger und Gegner demonstrieren vor Gericht

Am Gerichtsort im südbrasilianischen Curitiba wollen deshalb Sozialbewegungen wie die Landlosen-Organisation MST am Mittwoch tausende Aktivisten für Lula demonstrieren lassen. Im Internet zirkulieren zudem Gerüchte, dass Moro Lula verhaften lassen könnte. Die örtliche Polizei hat vorsorglich ein Sicherheitskonzept ausgeklügelt. Richter Moro bat derweil die Gegendemonstranten, die für ihn und gegen Lula protestieren wollen, zuhause zu bleiben. Es sei ja kein Fußballspiel, sondern eine Verhandlung. Den Antrag Lulas, seine Aussage filmen zu lassen, lehnte er ab. Er fürchtete wohl, dass Lula das Material später für Wahlkampfzwecke verwenden könnte.

Die Beziehung der beiden ist bereits vor dem ersten persönlichen Treffen zerrüttet. Vor einem Jahr hatte Moro Lula zu einem Verhör am Flughafen von Sao Paulo abführen lassen. Gleichzeitig durchsuchte die Polizei Lulas Wohnung. Seitdem habe seine Frau unter Angstzuständen gelitten, die schließlich zu ihrem Tod Anfang dieses Jahres führten, so Lula. Bei ihrer Beerdigung beschimpften einige den Richter als Mörder. Zudem hatte Moro 2016 Lulas Ernennung zum Minister durch die damalige Präsidentin Dilma Rousseff verhindert, indem er mitgeschnittene Telefonate zwischen den beiden veröffentlichte. Die Episode brachte den Politikern einen Prozess wegen Behinderung der Justiz ein. Moro habe sich in die Politik eingemischt, meinten derweil seine Kritiker.

Richter als Nationalheld

Gleichzeitig ist Moro in den Augen vieler Brasilianer zum Nationalhelden aufgestiegen. Er habe keinen Respekt vor den "großen Fischen", lasse sich nicht einschüchtern. Seitdem die Korruptionsermittlungen, bekannt als "Operation Waschstraße", vor drei Jahren begannen, hat Moro Dutzende Unternehmer, Staatsangestellte und prominente Politiker verurteilt. Zum Vergleich: Die Obersten Gerichte der dritten und vierten Instanz, zuständig für die Prozesse gegen Amtsträger, haben bisher noch keine einzige Verhandlung eröffnet.

Als erstinstanzlicher Richter ist Moro für all die Angeklagten zuständig, die kein Mandat haben. Also auch den derzeit amtslosen Lula. In den letzten Wochen häuften sich nun die Kronzeugen, die Lula als Mitwisser oder sogar als Mastermind des gigantischen Korruptionsschemas anschwärzten. Lulas Anwälte reagierten darauf stets gleich: Nichts als frivole Hirngespinste seien das, von Kriminellen, die sich mit ihren Lügen Straferlass erschwindeln wollten.

Dahinter stehe die bürgerliche Elite, die Lulas Rückkehr an die Macht bei den Wahlen Ende 2018 verhindern wolle. Die gleiche Elite, die bereits seine politische Ziehtochter Dilma Rousseff Mitte 2016 aus dem Amt putschte. Er sei froh, dass er Richter Moro nun endlich persönlich seine Meinung ins Gesicht sagen könne, so Lula am letzten Wochenende auf einem PT-Parteitag. Dort zeigte er, dass er seinen Sarkasmus noch nicht verloren hat. Seit zwei Jahren höre er nun schon, dass er bald verhaftet werde. "Wenn sie mich nicht bald verhaften, wer weiß, vielleicht lasse ich sie dann bald wegen all ihrer Lügen verhaften."

Quelle: KNA, Autor: Thomas Milz

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