Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Panama |

Kazikin Carrera: "Wir müssen die Habgier stoppen"

Silvia Carrera Concepción ist Kazikin. Das heißt, sie ist gewählte Repräsentantin des indigenen Volkes der Ngäbe-Buglé. Sie ist die erste Frau in dieser Position. Vor wenigen Tagen gerieten die Ngäbe-Buglé auch international in die Schlagzeilen, als sie sich mit Straßenblockaden gegen Bergbauvorhaben in ihren Territorien wehrten. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Ngäbe-Buglé leitete Silvia Carrera.

Wie sind sie aufgewachsen?

Ich bin das vierte von neun Kindern. Drei meiner Geschwister sind allerdings gestorben. Mein Vater lebt noch, wir wohnen hier gemeinsam in Alto Laguna. Ich habe zwei Kinder und lebe getrennt von meinem Mann. Die Schule konnte ich nicht besuchen, dazu fehlten uns die Mittel. Lesen und schreiben habe ich trotzdem gelernt. Ich bin katholisch.

Mit zwölf Jahren habe ich begonnen zu arbeiten und für meinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Mein Vater hat mir beigebracht, wie man den Boden bearbeitet und mich gelehrt, von dem zu leben, was die Erde uns täglich gibt. Auf diese Weise haben wir auf dem Land überlebt – und das sind auch unsere Ressourcen, um Kinder groß zu ziehen.

Worin sehen Sie Ihre Rolle als Frau?

Als Frau bin ich sehr stolz, denn es ist das erste Mal, dass das gesamte Volk mir als Frau vertraut und auf mich setzt. Wir Frauen spielen eine wichtige Rolle und sind ebenso viel wert wie Männer. Gott hat es nicht gefallen, dass der Mann allein lebte, deshalb schuf er die Frau als Helferin. Aber wir sind gleichberechtigt, nicht, dass wir Frauen befehlen wollen, doch wir sollten gemeinsam unseren Weg gehen, Frauen und Männer.

Wie ist es Ihnen gelungen, als einfache Frau in der Gesellschaft der Ngäbe-Buglé, die man durchaus als machistisch bezeichnen kann, eine Führungsposition einzunehmen?

Um ehrlich zu sein, haben die Männer der Region selbst gesagt, dass es unter ihnen nicht genügend Respekt und Verpflichtung ihrem Volk gegenüber gibt. Die Männer wollen, dass man ihnen am Wahltag ihre Stimme gibt, aber dann vergessen sie die indigene Bevölkerung und deren Bedürfnisse. Oft machen sie Versprechungen, die sie nie erfüllen. Sie beginnen in Autos herumzufahren, leben im Hotel, umgeben sich mit Frauen. Und viele Männer haben mir gesagt, davon hätten sie jetzt genug. Vielleicht gehen die Frauen mit Macht und Verantwortung so um, wie es in der Region sein sollte. Deshalb versprachen sie mir ihre Unterstützung.

Wie haben Sie das Vertrauen der Männer gewinnen können?

Die Silvia Carrera von heute kommt nicht aus dem Nichts. Also ich zwölf Jahre alt war, gab es in der Region eine erste Versammlung, einen Kongress. Und seitdem war ich immer dabei, natürlich ohne die Stimme zu erheben, aber ich war auf allen lokalen, regionalen und Generalversammlungen. Ich war bei den Kämpfen gegen Großgrundbesitzer und transnationale Konzerne dabei, die unsere Rechte verletzten. Viele kannten mich, deshalb begannen sie, mit mir zu arbeiten. Sie glaubten an mich und machten für mich eine Wahlkampagne. Es ist eine große Ehre, dass sie mich freiwillig unterstützten, ohne, dass ich ihnen dafür etwas versprochen hätte.

Ich wollte meine Region repräsentieren. Es ist hier von Bedeutung, Kazikin, also Führungsperson zu sein, aber man muss immer auf die Bevölkerung hören und deren Wünsche entsprechend vertreten. Ich machen keine Versprechen, denn ich könnte keine Lügen erzählen und etwas versprechen, was ich nicht halten kann. Ich bin eine einfache Frau. Ich lebe nur von dem, was ich mir erarbeite und was die Erde mir gibt. Man muss mit der Wahrheit leben.

Was wäre ihre Botschaft an die Politikerinnen von heute?

Wir müssen sehr ehrlich und verantwortungsbewusst sein, wenn wir Posten übernehmen. Manchmal kommen wir von außerhalb in die Stadt und dort vergisst man die Menschen auf dem Land. Ich bitte die Frauen, ehrlich, ernsthaft und verantwortungsvoll zu sein.

Wie ist ihre Position bezüglich der indigenen Gebiete und der Frage des Landbesitzes?

Das uns betreffende Gesetz ist das “Gesetz Nr. 10”. Internationale wie nationale Gesetze schreiben außerdem fest, dass das Volk zu entscheiden hat. Die Regierungen verletzen diese Gesetze zu den indigenen Völkern, denn die Völker kennen diese Gesetze nicht. Wir wollen kein Geld, wir wollen kein Essen von der Regierung. Doch wir fordern, dass die Ressourcen des Landes respektiert werden. Wir müssen die Habgier der Reichen stoppen.

Wenn Sie noch einmal zur Welt kommen könnten: Was würden Sie sich wünschen?

Ich würde mir für mich eine sehr gute Ausbildung wünschen, um in meiner Region die Bildung verbessern zu können. Denn derzeit erinnert man sich nur alle fünf Jahre anlässlich der Wahlen an uns.

Erschienen bei Adital, (Erstveröffentlichung: Midiario.com); Deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz