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In Argentinien wächst der Antisemitismus

Foto: picture-alliance/dpa/David Fernandez.
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Es war eine Provokation. Eine antisemitische Attacke mitten im historischen jüdischen Viertel von Buenos Aires: "Ein guter Jude ist ein toter Jude. Nisman ist ein guter Jude". Mit diesen Sätzen wurden kürzlich die Bewohner der "Villa Crespo" konfrontiert.

Die antisemitischen Parolen, die am 3. Februar in großen schwarzen Lettern auf einem braunen Plakat prangten, gelten nicht nur dem verstorbenen Staatsanwalt Alberto Nisman. Sie symbolisieren eine gefährliche Entwicklung: In Argentinien wächst der Antisemitismus.

Sonderstaatsanwalt Alberto Nisman war am 18. Januar tot in seiner Wohnung in Buenos Aires aufgefunden worden. Seit 2005 ermittelte er im Fall Amia, dem bisher größten Anschlag in der Geschichte Argentiniens auf das jüdische Gemeindezentrum, bei dem im Juli 1994 in Buenos Aires 85 Menschen ums Leben kamen und 300 verletzt wurden.

 

Leidensdruck in der Diaspora

 

"Die guten Nachrichten aus Buenos Aires werden immer weniger", erklärt Jack Terpins, Vorsitzender des Jüdischen Kongresses für Lateinamerika (CJL) mit Sitz in Buenos Aires. Er hoffe darauf, dass die bisherigen Ermittlungen nicht umsonst waren und das Attentat endlich aufgeklärt werde. "Was in Argentinien passiert, ist für die jüdische Community weltweit von höchstem Interesse", versichert Terpins.

Bis jetzt allerdings ist weder das Attentat auf das jüdische Gemeindezentrum Amia noch der Tod Nismans aufgeklärt worden. Der Staatsanwalt hatte schwere Vorwürfe gegen die Regierung von Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner erhoben.

So soll die Staatschefin einen "Deal" mit Israels Erzfeind Iran eingefädelt haben, den Nisman für das Attentat verantwortlich macht. Kirchner habe mit Teheran die Lieferung von Erdöl gegen die Straflosigkeit der iranischen Verdächtigen ausgehandelt, lautete sein Vorwurf.

 

Neue Anhänger im linken Lager

 

Die Anschläge auf das jüdische Gemeindezentrum Amia 1994 markieren eine Zäsur in der argentinischen Geschichte. Denn der bisher religiös oder reaktionär geprägte Antisemitismus in Argentinien wurde teilweise von der politischen Linken in Lateinamerika übernommen.

 

"Der Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum zeigt, wie der Nahostkonflikt die jüdische Community in Lateinamerika erfasst hat", meint der Historiker Enrique Krauze, Direktor der mexikanischen Literaturzeitschrift "Letras Libras". "Der Krieg im Gazastreifen hat ein schlafendes Monster geweckt: Den Antisemitismus der Linken, der sich am Krieg zwischen Israel und Palästina entzündet hat".

 

Nach Ansicht des Historikers erhalten die antisemitischen Strömungen der lateinamerikanischen Linken zusätzliche ideologische Schützenhilfe aus Venezuela. Ex-Präsident Hugo Chavez habe durch seine pro-palästinensische Politik dazu beigetragen, die Bewegung zu stärken.

 

Schrumpfende Gemeinde

 

Noch ist Argentinien die größte jüdische Community innerhalb Lateinamerikas und nach den USA, Frankreich, Kanada und Großbritannien die fünftgrößte in der Diaspora. Doch die anhaltenden Wirtschaftskrisen und der historische Antisemitismus tragen dazu bei, dass die jüdische Gemeinde Argentiniens kontinuierlich schrumpft.

 

Nach Angaben des jüdischen Kongresses hat sich die Anzahl der in Argentinien lebenden Juden von rund 300.000 Menschen im Jahr 2005 auf etwa 230.000 Einwohner reduziert. Im Gegenzug nahm die Emigration nach Israel zu. Bereits 50.000 Juden aus Argentinien leben bereits im Heiligen Land.

 

"Ende des 19. Jahrhunderts nahmen die unabhängig gewordenen Kolonien in Lateinamerika viele jüdische Einwanderer auf", schreibt Historiker Enrique Krauze. "Als sich während des Naziregimes die Flüchtlingswellen verstärkten, kamen zudem Tausende von polnischen Juden nach Lateinamerika, die meisten aus Argentinien".

Doch Argentinien öffnete seine Grenzen nicht nur für Juden, sondern auch für ihre Peiniger. "Die Regierung Peron (1946 bis 1955) erlaubte die Einwanderung von Nationalsozialisten, die vor der internationalen Justiz flohen und ermöglichte es ihnen somit, dass sie ein rassistisches Markenzeichen in der argentinischen Gesellschaft verankerten“, analysiert Krauze. Bis heute hinterlässt dieses Markenzeichen eine grausame Blutspur.

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Astrid Prange

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