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Panama |

Gefahr für die Demokratie?

Ricardo Martinelli ist nicht amüsiert. Er sei „eine Gefahr für die Demokratie“, schrieb die inzwischen ausgewechselte US-Botschafterin Barbara Stephenson Ende 2009 nach Washington, wie durch Wikileaks-Depeschen bekannt wurde. Nun ist es nichts Ungewöhnliches, dass die USA bedrohliche Gegner in Lateinamerika ausmachen. Doch diesmal handelt es sich nicht um einen exzentrischen Linksrevolutionär – sondern um einen millionenschweren, stramm konservativen Unternehmer, der zwar Präsident eines Minilandes ist, aber über eine der strategisch wichtigsten Wasserstrassen der Schifffahrt wacht: den Panama-Kanal.

Exzessive Kontrolle

Seine „starke Persönlichkeit, seine mangelnde Gesetzestreue, sein übertriebener Präsidentialismus und seine exzessive Kontrolle über alle Staatsgewalten könnten die demokratischen Institutionen beschädigen“, schrieb Stephenson über Panamas Staatchef. Er verfolge obsessiv bestimmte Gegner, darunter Geschäftsleute – auch einige US-Bürger - Politiker und Sprecher der Zivilgesellschaft. Dabei habe er die US-Botschaft um Unterstützung gebeten. Er übe Druck aus auf den Kongress, die Gerichte und die Medien.

Als Beispiel wird angeführt, dass Martinelli von den vier Handyanbietern des Landes Zugriff auf alle Register verlangt hat – und dabei die US-Botschafterin per blackberry-Message um Schützenhilfe bat. Auch habe er den Kasinobetreibern mit der Streichung ihrer Konzessionen gedroht, sollten sie nicht ihre Beziehungen zu Oppositionspolitikern der linken Partei der Demokratischen Revolution PRD überdenken. Und er habe zwei unter Korruptionsverdacht stehende, ihm aber eng verbundene Richter am Obersten Gericht durchgesetzt. Die Botschafterin riet deshalb, Abstand zu nehmen von der Regierung, demonstrativ Treffen mit der Opposition und Vertretern der Zivilgesellschaft abzuhalten und öffentlich für die Unabhängigkeit der Justiz einzutreten.

Gute Umfragewerte

Stephenson sei unglaubwürdig, entgegnete Martinelli jetzt. Sie habe sich nur dafür gerächt, dass er die Energiepreise gedrückt habe, was den Interessen der US-Energiefirma AES zuwider lief. „Ich will billigere Strompreise für die Bevölkerung. Wenn ich deshalb eine Gefahr bin, dann bin ich eben eine Gefahr“, kommentierte Martinelli.

Damit könnte er durchaus davonkommen in den Augen der Bevölkerung, denn Panamas Wirtschaft boomt und Umfragen zufolge halten ihm noch immer gut 70 Prozent der Panamaer die Stange. Seine burschikose, direkte Art und die antiamerikanische Rhetorik kommen an, demokratischen und institutionellen Bedenken zum Trotz. Und davon gibt es – unabhängig der Glaubwürdigkeit der ehemaligen US-Botschafterin – einige.

Auseinandersetzungen mit Gewerkschaften

Die Gewerkschaften gerieten mit der Regierung aneinander, als diese plante, das Streikrecht einzuschränken. Sie werfen Martinellis Geschäftspartnern außerdem vor, grundlegende Arbeitsrechte zu missachten. Die Opposition kritisiert die systematische Vergabe öffentlicher Aufträge ohne Ausschreibung und die geplante Privatisierung der Sozialversicherung und der Müllentsorgung. Tausende von Indígenas protestierten unlängst gegen die Vergabe von Bergbaukonzessionen in ihren Gebieten.

„Diesen Autoritarismus und Hyper-Präsidentialismus kritisieren wir schon seit langem“, sagte der oppositionelle Politiker Mitchel Doenz (PRD). „Martinelli will alles kontrollieren und versteht nicht, dass man ein Land nicht so führt wie einen Supermarkt”, so der christdemokratische Politiker Carlos Gonzalez.

Pressefreiheit bedroht

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat Panama kürzlich in ihrem Ranking über die Pressefreiheit 30 Plätze heruntergestuft. Grund war ein Gesetzesvorhaben, das Präsidentenbeleidigung mit Gefängnis bestraft und Martinellis Strafanzeige gegen das costaricanische Online-Medium El Pais nach Berichten über Defizite der panamaischen Regierung im Kampf gegen Drogenhandel und Geldwäsche. Ein Vetter Martinellis und Ex-Abgeordneter des mittelamerikanischen Parlaments, Guillermo Ricardo Martinelli, sitzt wegen Geldwäsche für das Sinaloa-Kartell in Mexiko Haft.

Der Präsident bezeichnete seinen Cousin als „schwarzes Schaf der Familie“. Und bastelt weiter an der Festigung seiner Macht. Der neueste Schachzug: eine Verfassungsreform, deren Hauptpunkt die Wiederwahl des Präsidenten ist. Bisher müssen laut Verfassung zehn Jahre verstreichen, bevor ein Ex-Präsident wieder kandidieren darf.

Autorin: Sandra Weiss

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