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Guatemala |

Gefährlich für Frauen und ein Paradies für deren Mörder

Mindi verbirgt ihr Gesicht hinter einem Tuch und erzählt von ihrer Ehe: Von sexuellen Übergriffen, Schlägen und von der Machete, mit der ihr Ehemann sich rächte, als Mindi ihn verließ. Sie zog vor Gericht und bezahlte ihren Mut schließlich mit dem Leben. Die Journalistin Marielos Monzón hat Mindi Rodas kennen gelernt.

Mindi Rodas lernte ich auf einem Forum über Gewalt gegen Frauen kennen. Sie war eine der Vortragenden und sie moderierte die Veranstaltung. Gemeinsam mit drei anderen Überlebenden erzählte sie ihre eigene Geschichte. Ihr Gesicht, das durch die Gewalt ihres Mannes völlig entstellt ist, verbirgt sie hinter einem Tuch. Die Geschichte von Mindi hat mich tief beeindruckt: Ihr Mut, den Täter anzuzeigen und alle Konsequenzen zu tragen, die der Gerichtsprozess mit sich brachte. Ihre Stärke, durch die sie aus dem Kreislauf der Gewalt ausbrechen konnte, um mit ihrem kleinen Sohn ein Leben in Würde führen zu könne.

Bewusstlos am Ufer zurück gelassen

Mindi schilderte den Leidensweg: mehrere Jahre lang lebte sie mit einem Partner zusammen, der sie sexuell missbrauchte, sie mit körperlicher und psychischer Gewalt malträtierte, der sie einsperrte. Eines Tages entschied sie sich, einen Schlussstrich zu ziehen und verließ ihren Ehemann.

Der Mann jedoch, der wie viele andere der Meinung ist, die Frau, mit der er lebte, sei sein Eigentum und er könne mit ihr tun, wozu er Lust habe, dieser Mann beschloss, sich zu rächen. Er zwang sie in ein Auto, fuhr mit ihr ans Ufer eines Flusses, wo er sie brutal zusammenschlug, auszog und ihr mit einer Machete das Gesicht zerschnitt. Er glaubte, sie getötet zu haben, machte sich davon und überließ sie, dort am Ufer liegend, ihrem Schicksal. Aber Mindi überlebte und statt sich zu verstecken und nichts zu unternehmen, entschied sie sich, bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten.

Täter kommt wieder frei

Der Ehemann kam zunächst ins Gefängnis, präsentierte dann jedoch ein Dokument mit gefälschter Unterschrift von Mindi, wonach sie ihre Anzeige zurückziehe. Daraufhin ließ man ihn wieder frei. Doch Mindi gab nicht auf. Mithilfe der “Stiftung Überlebender” brachte sie ihn erneut hinter Gittern und erreichte die Fortführung des Prozesses.

Als sie zu Ende erzählt hatte, brandete ein tosender Applaus durch den ganzen Saal. Es war eine Art, sie zu ermutigen, sich mit ihr zu solidarisieren, ihr zu zeigen, dass sie nicht allein war. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an diesen Nachmittag zurückdenke, an Mindis Tränen, die ihr das Gesicht herabliefen als sie die Frauen bat, nicht aufzugeben und die Gewalt zur Anzeige zu bringen, deren Opfer sie geworden waren. Ende des vergangenen Jahres suchte ich nach Mindi, weil ich ein Interview mit ihr führen wollte.

Aussage durch Mord verhindert

Ich erfuhr, dass sie in medizinischer Behandlung war, um ihr Gesicht wieder herzustellen. Ich freute mich für sie und war erneut tief bewegt von ihrer Courage und ihrer Beharrlichkeit. Doch am Wochenende darauf erfuhr ich, dass man sie umgebracht hatte. Am 20. Dezember sollte sie beerdigt werden. Ich war voller Trauer und Wut.

Mindi starb, während sie auf den Fortgang des Prozesses warten musste. Man brachte sie um, bevor sie vor Gericht ihre Zeugenaussage machen konnte, denn der Richter hatte ihre Bitte, nach einer vorgezogenen Aussage abgelehnt. Im Jahr 2010 sind – inklusive Mindi – 695 Frauen umgebracht worden, 98 Prozent der Opfer wurden erschossen.

Gefährlich für Frauen - Paradies für Gewalttäter

Guatemala bleibt ein gefährliches Pflaster für Frauen und ein Paradies für deren Mörder. Nur in 86 Fällen von Feminizid wurde überhaupt ein Prozess eröffnet – das heißt, in gerade einmal 12,38 Prozent aller Morde. In nur 28 Fällen wurde ein Urteil gesprochen. Straffreiheit ist Normalität und die Botschaft, die dadurch verbreitet wird, bleibt dieselbe wie eh und je: Hier werden Frauen aus Hass und blinder Wut umgebracht – weil sie Frauen sind. Und nichts geschieht.

Mindi wird bei Prozesseröffnung am 16. Juni nicht dabei, wenn es um die Gewalt geht, die sie erleiden musste, als man ihr das Gesicht verschandelte. Doch ihr Kampf, ihr Zeugnis, ihr Mut und ihre Entscheidung, Gerechtigkeit zu fordern, bleiben. Mindi könnte zu einem Symbol werden, für den Kampf um Würde und gegen die Gewalt an Frauen.

Autorin: Marielos Monzón (Journalist, Prensa Libre) in Adital; deutsche Bearbeitung Bettina Hoyer

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