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Mexiko |

Freedom of Speech Award an Anabel Hernández verliehen

Die im Exil lebende mexikanische Journalistin hat den Freedom of Speech Award der Deutschen Welle entgegengenommen. Ihre Dankesrede ist eine eindringliche Warnung vor organisierter Kriminalität und ein Plädoyer für Wahrhaftigkeit.

Mehr als 100 mexikanische Journalisten wurden in den letzten zehn Jahren ermordet - Anabel Hernández hat im Exil überlebt. Foto: DW/P. Böll

"Monatelang starrte ich auf die kugelsichere Weste, die mir die mexikanische Regierung 2016 gab, kurz bevor mein jüngstes Buch erschienen ist – über das Verschwinden der 43 Studenten in Iguala im Bundesstaat Guerrero im September 2014. Es war eine Warnung: 'Du bist zu weit gegangen' bei deinen Recherchen. Aber trotz der Weste vor mir habe ich mich geweigert, über mich und das Risiko nachzudenken. Bislang war immer etwas anderes wichtiger: Wahrheit und Gerechtigkeit."

Anabel Hernández zog die Konsequenzen aus der Bedrohung gegen ihre Person, eine Bedrohung, die ihrer Arbeit als Journalistin galt. Heute lebt sie im Exil an einem unbekannten Ort. Seit zwanzig Jahren berichtet sie unermüdlich über Korruption, Drogenhandel, sexuellen Missbrauch und Rechtlosigkeit. Für diese Arbeit wurde sie mit dem Freedom Speech Award der Deutschen Welle ausgezeichnet, der ihr im Rahmen des Global Media Forums in Bonn verliehen wurde.

"Warum töten sie uns?"

Hernández hat überlebt - im Gegensatz zu mehr als 100 Journalisten, die in den vergangenen zehn Jahren in Mexiko ermordet wurden. Mexiko ist damit das Land, in dem weltweit die meisten Journalisten getötet werden - was Hernández fragen lässt: "Warum töten sie uns? Warum bedrohen sie uns? Warum inhaftieren sie uns? Warum wollen sie uns zum Schweigen bringen?"

Sie kennt die Antwort: "Heute sind es in vielen Nationen nicht mehr die Bürger, die täglich über ihr Schicksal entscheiden, sondern Gruppen, die Tag für Tag mehr politische, wirtschaftliche, technologische und soziale Macht bündeln. Sie nehmen die natürlichen Ressourcen in Besitz – und unseren Geist durch die Kontrolle über Kommunikationsplattformen und Soziale Netze. Sie zwingen uns ein Lebensmodell auf, eine bestimmte Vorstellung von 'Erfolg' und 'Glück', die ihnen noch mehr Vorteile bringt. Für sie gibt es weder Grenzen noch Mauern, nur Privilegien und Straflosigkeit." Sie agierten im Verborgenen, an der Trennlinie zwischen Legalität und Verbrechen.

Für diese Gruppen sind Journalisten eine Bedrohung, denn sie arbeiten daran, diese undurchschaubaren Praktiken ans Licht zu bringen. "Es spielt keine Rolle, ob es sich um Premierminister, Präsidenten, Abgeordnete, Banker, Geschäftsleute, Politiker, religiöse Führer oder um die Anführer eines Drogenkartells handelt. Es ist unsere Aufgabe als Journalisten, herauszufinden, was sie tun, wie sie es tun, warum sie es tun und wer ihre Komplizen sind. Deshalb bringen sie uns um."

"Wir stehen noch immer"

Auch für den britischen Journalisten Misha Glenny, den Autor des Buches McMafia, ist die Ermordung eines jeden Journalisten "ein Angriff auf die Demokratie, auf die Rechtsstaatlichkeit, auf die Achtung, die jeder von uns als Individuum verdient". In seiner Laudatio auf Anabel Hernández nennt er es ein Wunder, dass sie noch am Leben ist.

Glenny macht darauf aufmerksam, dass diese Morde fast immer "im Dienste korrupter politischer und wirtschaftlicher Akteure oder gut ausgestatteter krimineller Organisationen begangen" werden. Anabel Hernández habe mit ihren Arbeiten gezeigt, dass Agenten des Staates genauso wie die Kartelle vom Mexikanischen Drogenkrieg profitiert haben. Gelitten hätten die Menschen - allein im vergangenen Jahr wurden in Mexiko 33.000 Menschen ermordet.

Das Schwerwiegendste aber sei, dass "dieses Blutvergießen in Mexiko, das Elend, das sich Anabel Hernández zu dokumentieren gezwungen sieht, vor allem Folge einer gescheiterten Politik ist, maßgeblich gesteuert aus Washington D.C. und gewissenhaft umgesetzt von Regierungen in Mittel- und Südamerika". Angesichts der Gefahren, denen Journalisten gerade hier ausgesetzt seien, sei die Preisträgerin so etwas wie ein "wandelndes Wunder". Das bestehe ganz einfach in der Tatsache, "dass sie noch unter uns weilt", sagt Glenny. Und so beendet die Preisträgerin ihre Dankesrede mit den Worten: "Sie wollen, dass wir tot sind, dass wir zum Schweigen gebracht werden - aber wir stehen noch immer und verschaffen uns Gehör."

Hernández ist die erste Frau, die mit dem DW Freedom of Speech Award ausgezeichnet wird. 2015 erhielt ihn der nach wie vor inhaftierte saudische Blogger Raif Badawi. 2016 wurde der ehemaliger Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Hürriyet, Sedat Ergin, geehrt. Im Jahr darauf ging der Preis an die US-amerikanische White House Correspondents' Association, 2018 an den iranischen Politikwissenschaftler Sadegh Zibakalam.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Martin Muno

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