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Kuba |

Filmrezension: Candelaria - Ein kubanischer Sommer

Eine Straße in Havanna. (Bild: Steffen/Adveniat)
Eine Straße in Havanna. (Bild: Steffen/Adveniat)

„Die Welt mit anderen Augen sehen“ ist der Aufruf, sich in eine andere Person hineinzuversetzen. Im Liebesdrama „Candelaria ein kubanischer Sommer“ von Regisseur Jhonny Hendrix Hinestroza verändert Technik die Sicht zweier Liebenden aufeinander. Als die 75-jährige Candelaria (Verónica Lynn) in der Reinigung, in der sie für einen Hungerlohn schuftet, eine Videokamera findet, schaltet ihr Leben für eine kurze Zeit aus der Zeitlupe in den Zeitraffer.

Das verbotene Vergnügen

Havanna im Jahr 1994 die Menschen hungern. Das Wirtschaftsembargo der USA und der Zusammenbruch der Sowjetunion führen zu einer Krise im Land. Auch Candelaria und ihr Mann Victor Hugo (Alden Knight) leben in Armut. Beide müssen noch im hohen Alter arbeiten, halten eine „unfreiwillige Diät“, wie Victor erklärt, und müssen jeden Abend hoffen, dass nicht wieder der Strom abgestellt wird. Die prekäre Situation zerrt nicht nur an ihren Körpern, sondern auch an der Beziehung. Der Alltag ist monoton: Sie sprechen zwar miteinander, doch Leidenschaft und Liebe sind erloschen. Um wenigstens hin und wieder für kurze Zeit ihrem traurigen Leben zu entfliehen, beschäftigen sich beide mit dem Verbotenem. Victor verkauft Zigarren auf dem Schwarzmarkt, die er auf der Arbeit klaut, und die kinderlose Candelaria zieht fünf Küken auf was daheim verboten ist.

 

Ihre Beziehung ändert sich, als Candelaria die Videokamera mit nach Hause bringt. Victor ist skeptisch, möchte sie zunächst verkaufen. Candelaria spricht jedoch ein Machtwort, die Kamera bleibt. Victor findet nun Gefallen an ihr, experimentiert. Durch den Kamerazoom sieht er seine Frau plötzlich mit anderen Augen. Erst filmt er sie wie ein pubertierender Teenager ohne ihr Wissen durch einen Türspalt, wie sie sich nach der Dusche bekleidet. Bald versteckt er sich nicht mehr, sondern nimmt kleine Filme von sich für seine Frau auf. Candelaria erwidert ihrerseits mit anregenden Aufnahmen. Die lange verloren geglaubte Leidenschaft kehrt in die Beziehung zurück. Das Licht der Kameralinse entfacht Feuer in ihren Augen. Die tristen Radiodurchsagen von „El Comandante“ Fidel Castro, die im Hintergrund laufen, stören die Idylle nicht mehr. Bis plötzlich die Kamera gestohlen wird und ein schmieriger Händler (Philipp Hochmair) ihnen ein „unmoralisches Angebot“ unterbreitet aus dem Spielerischen wird Zwang.

Ein anderes Havanna

Regisseur Hinestrozas Bilder lassen die Wohnung des Paares in den schweren Zeiten eng wirken Türen versperren die Sicht, schummriges Licht verstärkt den Eindruck von Dunkelheit. Die Enge raubt dem Zuschauer den Atem. Die Kamerafahrten durch Havanna fangen den typischen kubanischen Charme ein und verbreiten einen Hauch von Melancholie. Klischees von farbenfrohen Hausfassaden und karibischen Stränden mit feiernden Badegästen sind in diesem Film nicht zu finden. Der Partyort Strand wird zu einem Rückzugsort, einem Platz zum Nachdenken. Einen großen Anteil an dieser nie kitschig wirkenden Melancholie haben die beiden Hauptdarsteller. Sie entwickeln eine tolle Chemie: Knight glänzt als knochiger Miesepeter, der daran verzweifelt, seiner Frau kein besseres Leben bieten zu können. Und Lynn strahlt einen Charme und eine Grazie aus, die die freizügigen Bilder nie voyeuristisch erscheinen lassen.

 

„Candelaria ein kubanischer Sommer“ ist ein poetischer Film mit dem Charme eines Kammerspiels. Mit Humor, Wärme und Melancholie lässt der Regisseur den Zuschauer in eine Welt eintauchen, in der eine Frau und ein Mann ihre Liebe wiederentdecken. Das einzig Notwendige dazu: ein frischer Blickwinkel.

 

Autor: André Wielebski

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