Feuerwalze vernichtet Indigenenland
Eine gigantische Feuerwalze hat in den vergangenen Wochen das Indigenengebiet Arariboia im nordostbrasilianischen Bundesstaat Maranhao verwüstet. Rund die Hälfte der 415.000 Hektar ist zerstört. Die hier lebenden 13.000 Guajajara-Indianer haben die Hälfte ihrer angebauten Pflanzen verloren. Das von illegalen Holzhändlern gelegte Feuer ist der Vorbote für die Ankunft des internationalen Agrobusiness, die Vermarktung und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch große private Unternehmen, in der abgelegenen Region am Rande des Amazonaswaldes.
Rund 230 Feuerwehrleute sind derzeit im Einsatz, zwei Löschflugzeuge und drei Hubschrauber. Ende vergangener Woche sei es gelungen, eine 30 Kilometer lange Feuerwand zu stoppen, so die Behörden. Diese hatte rund 160 isoliert lebende Ureinwohner vom Volk der Awa-Guajas bedroht. "Sie fliehen vor dem Feuer und den Holzhändlern", so Rosimeire Diniz vom Indigenenrat der katholischen Kirche. "Ihnen kann man nur helfen, indem man das Feuer bekämpft."
In Maranhao brennt es so oft, wie in keiner anderen Region Brasiliens. Fast 18.000 Brände wurden alleine in diesem Jahr registriert. Die Feuer sind ein Anzeichen für die allmähliche Verwandlung des Waldes in Nutzflächen. Der illegale Schlag von Edelhölzern ist dabei der erste Schritt. Danach zünden Bauern den Wald an, um das Land für die Viehhaltung vorzubereiten. Nach wenigen Jahren wird dann Mais und später Soja auf den Flächen angebaut. In dieser Phase ist das Land dann meist schon von Großgrundbesitzern aufgekauft worden und wird industriell bestellt.
Sanktionsloser Landraub
Der Raub öffentlichen oder indigenen Landes bleibt meist straflos. Denn noch sind die Eigentumsverhältnisse vieler Grundstücke ungeklärt. Zudem haben die Behörden Schwierigkeiten, Zwangsräumungen oder andere Sanktionen durchzusetzen. Zwar wurden alleine in der Region um die Stadt Joao Lisboa in der vergangenen Woche 17 Personen wegen Landraubs festgenommen, zu Verurteilungen kommt es jedoch in den wenigsten Fällen. Die Justiz ist schlicht überfordert.
So ist es kein Wunder, dass die Zahl gewaltsamer Auseinandersetzungen von Indigenen mit weißen Bauern und Holzhändlern rasant zunimmt. Im Jahr 2012 wies Maranhao zum ersten Mal höhere Gewaltzahlen auf als die traditionell konfliktreichsten Teilstaaten Para und Mato Grosso, die ebenfalls im Einzugsgebiet des Amazonasurwaldes liegen. Seitdem häufen sich gewaltsame Vertreibungen von Indigenen und Quilombolas, Nachfahren afrikanischer Sklaven, durch weiße Siedler und Unternehmer.
Indigene wehren sich
Maranhao, das seit Jahrzehnten politisch von wenigen reichen Familien kontrolliert wird und zu den am schlechtesten entwickelten Regionen Brasiliens zählt, ist im Süden und Osten seines Gebiets von der Cerrado-Savanne geprägt. Im Norden und Westen geht die Savanne in den Amazonasurwald über. Seit einigen Jahren drängen Holzhändler in die teilweise als indigene Territorien ausgeschriebenen Wälder, um Edelhölzer zu schlagen.
Unter den Ureinwohnern regt sich zunehmend Widerstand. Während manche Völker die Holzhändler mit Gewalt zurückzudrängen versuchen, setzen andere auf Technologie. So installierte das Kaapor-Volk im indigenen Territorium Alto Turiacu im Norden Maranhaos mit Hilfe der Umweltschutzorganisation Greenpeace Überwachungskameras und Sensoren an den Bäumen.
Gewalttätige Holzfäller
Auch Brasiliens für die Überwachung der Umweltgesetze zuständige Behörde Ibama hat seine Kontroll-Teams vor Ort verstärkt. Doch auch vor Gewalt gegen die Beamten machen die Holzfäller nicht halt. Erst vor wenigen Tagen kam es zu einem Schusswechsel, bei dem ein Beamter verletzt wurde. Selbst den bereits seit Monaten in Maranhao stationierten Soldaten der Nationalen Eingreiftruppe gelingt es bislang nicht, in den Konfliktgebieten für Sicherheit zu sorgen.
Ohnehin scheint der Versuch der Umweltbehörde, ein effektives Netz von Kontrollen zu installieren, mit der jetzigen Personalausstattung aussichtslos zu sein. Ibama hat insgesamt 123 Beamte im Einsatz, darunter 58 Indianer, um den umkämpften Bundesstaat zu kontrollieren. Das zu überwachende Gebiet ist nur geringfügig kleiner als Deutschland.
Quelle: KNA, Autor: Thomas Milz