Fast 60 Tote nach Bandenkrieg
Die Zustände in den überfüllten Gefängnissen der venezolanischen Karibiknation haben einen traurigen Höhepunkt erreicht. Am 27. Januar bestätigte das Ministerium für Gefängnisangelegenheiten in einer Pressekonferenz den Tod von 58 Gefängnisinsassen. Entgegen erster Berichte des regierungskritischen TV-Senders Globovisión sei der Auslöser der blutigen Auseinandersetzung nicht eine Razzia, sondern das Ergebnis eines gewalttätigen Konflikts konkurrierender Banden, erklärte Ministerin Iris Varela gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur AVN.
Vergangenen Freitag war es in der Haftanstalt Uribana im Bundesstaat Lara im Westen des Landes laut Behördenangaben zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Gefängnisbanden gekommen. Rund 50 Menschen, darunter ein evangelischer Gefängnis-Seelsorger würden im Krankenhaus von Barquisimeto, der Hauptstadt von Lara, behandelt.
Den Gewaltausbruch nahm die Regierung zum Anlass das berüchtigte Gefängnis endgültig zu schließen. Über 2000 Häftlinge seien evakuiert und auf umliegende Haftanstalten verteilt worden, so Lara. »Wir sagen das dem Land heute ganz klar: Wir machen Schluss mit dem Mythos von Uribana. Den Bundesstaat Lara werden wir von den „Pranes“ (Mafiabosse im Gefängnis) befreien«, kündigte die Ministerin zudem Prozesse gegen die Verantwortlichen des Massakers an. Uribana gilt als eines der gefährlichsten Gefängnisse in ganz Venezuela. Immer wieder gelingt es Banden Waffen, Drogen und Alkohol an den Wächtern vorbei zu schmuggeln.
Oppositionsführer Henrique Capriles erklärte derweil, es reiche nicht aus alte Gefängnisse zu schließen. Das Geschehene sei »furchtbar«. Wenn der Staat in einem Hochsicherheitsgefängnis nicht für Ruhe sorgen könne, »was passiert dann den Menschen auf der Straße«, so Capriles. Derweil veröffentlichte das Innenministerium neueste Zahlen zur Mordstatistik. Diese sei 2012 um 15 Prozent gesunken, versicherte Innenminister Néstor Reverol.
Immer wieder kommt es in den völlig überfüllten Anstalten zu Gewaltausbrüchen. Die 33 Gefängnisse in Venezuela sind für rund 12.000 Häftlinge gedacht, aber mit 47.000 Menschen belegt. In Uribana waren statt 850 Häftlingen 2.400 untergebracht. Teilweise verbringen die Insassen Jahre in den Gefängnisse, bevor sie eine ordnungsgemäße Verurteilung bekommen.
Angesichts der massiven Überfüllung seiner Gefängnisse wollte Venezuela 2011 sogar 20.000 Gefangene freilassen. "Von den 50.000 Gefangenen des Landes sollen 20.000 freikommen", sagte die Ministerin für den Strafvollzug, Iris Varela, damals. In Venezuelas Gefängnissen säßen Menschen, "die keine Gefahr für die Gesellschaft darstellen, wie Ladendiebe, die nicht gewalttätig sind". Die Behörden könnten sich um sie auch außerhalb der Haftanstalten kümmern. (bb/ml)