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Haiti |

Erdbebenopfern droht Vertreibung

Tausende Überlebende des Erdbebens in Haiti, die ihre Häuser verloren haben, drohen erneut auf der Straße zu landen. Private Grundstücksbesitzer in der Hauptstadt Port‐au‐Prince verwehren den Menschen den Zugang zu ihren Notunterkünften. Zahlreiche Opfer des Bebens harren seit Monaten in Zelten auf dem Gelände des Kulturzentrums Palais de l´Art aus. Von den Behörden haben sie bisher nichts darüber gehört, wann sie wieder in feste Häuser ziehen können.

Vor kurzem wurden die rund 150 Bewohner des Notquartiers von dem Eigentümer des Grundstücks ausgesperrt. Da das Metalltor seither fest verschlossen ist, müssen die Menschen über eine halb eingestürzte Mauer klettern, um an ihre Habseligkeiten zu kommen. "Wenn wir wüssten, wo wir sonst hingehen könnten, würden wir sicherlich nicht hier bleiben und leiden", sagte Reynold Louis‐Jean, der das Organisationskomitee des Camps leitet. "Unter uns sind ältere Leute und Behinderte."
Die Familien sind gezwungen, eimerweise Trinkwasser über die Mauer zu hieven. Vom Roten Kreuz bekommen sie keine Hilfe mehr.

Der Besitzer des Palais de l´Art, Joseph Saint‐Fort, will die Mauer nun reparieren lassen, um den Erdbebenopfer endgültig den Zugang zu versperren. In seinem Hof hat er bereits Betonblöcke gestapelt. Seit Monaten bitten ihn die Regierung und nichtstaatliche Organisationen, das Lager solange auf seinem Grundstück zu tolerieren, bis neues Land für die Obdachlosen bereit steht. Doch bis jetzt ist nichts geschehen, und Saint‐Fort verliert die Geduld. Der Landbesitzer rechtfertigt sein Handeln damit, dass er wochenlang angekündigt habe, das Tor zu schließen, sollte er für die neue Nutzung des Grundstücks kein Geld erhalten. "Niemand hat mir irgendetwas angeboten", beschwerte er sich. Freiwillig werde er die Leute nicht länger auf dem Gelände wohnen lassen.

Im April hatten die haitianische Regierung und die Vereinten Nationen einen vorübergehenden Stopp der Zwangsräumungen von Notlagern beschlossen. Eigentümer dürften die Leute nur dann zum Verlassen der Grundstücke auffordern, wenn menschenwürdige Alternativen zur Verfügung stünden.

Der Bevölkerung hat dieses Moratorium bisher keine Erleichterungen gebracht. Die Umsetzung dieser Regelung sei schwierig, räumte Innenminister Paul Antoine Bien‐Aimé im Gespräch mit IPS ein. Bisher habe man die Bevölkerung noch nicht einmal darüber informiert.

Ben Majekodunmi von der UN‐Friedensmission für Haiti (Minustah) räumte ebenfalls ein, dass die Einhaltung vieler Vorschriften nicht garantiert werden könne. "Wir befinden uns da in einer Grauzone", erklärte er. Die lokalen Behörden wüssten nichts davon, dass die Notunterkünfte nicht ohne weiteres geräumt werden dürften. Und Minustah sei nicht dazu befugt, über das Moratorium zu wachen. In dieser schwierigen Lage müsse eigentlich die Polizei einschreiten.

Ähnliche Probleme wie die Bewohner des Camps am Palais de l´Art haben auch rund 200 Menschen, die auf dem Gelände einer privaten Methodisten‐Schule in Petionville ihr Lager aufgeschlagen haben. Frauen, die als Straßenverkäuferinnen arbeiten, klagten darüber, dass das Tor morgens oft verschlossen sei.

Die Hilfsorganisation ´World Vision´ verteilte dort Zelte, hat aber nach eigenen Angaben Probleme damit, Latrinen zu installieren und die Trinkwasserversorgung zu regeln. "Auf dem Gelände halten sich zu viele Menschen auf, dadurch wird die Lage unsicher. Deshalb müssen sie von hier weggehen", sagte Pastor Thelesier Elysee, der an der Methodisten‐Schule unterrichtet.

Beobachtern zufolge gibt es im Norden der dicht besiedelten Stadt Port‐au‐Prince noch ausreichend freies urbares Land. Dennoch versuchte das kanadische Rote Kreuz, Obdachlose in dem von dem Beben schwer betroffenen Distrikt Fort National in provisorischen Häusern unterzubringen. Laut einem internen Dokument musste das Projekt jedoch aus juristischen Gründen in letzter Minute gestoppt werden. Experten warnen nun vor der kommenden Hurrikan‐Saison. Die Familien, die neben dem Palais de l´Art leben, haben an den Nachmittagen bereits heftige Regenfälle erlebt. In viele Zelte ist Wasser eingedrungen. Ausweichquartiere sind bisher jedoch nicht in Sicht.


Autor: Ansel Herz, deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe, in IPS-Weltblick

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