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Mexiko |

Endstation? Migranten stecken in Tijuana fest

Die Grenze zwischen Mexiko und den USA in Tijuana. (Foto: Tobias Käufer)
Die Grenze zwischen Mexiko und den USA in Tijuana. (Foto: Tobias Käufer)

Knapp einen Monat hat der Zug mittelamerikanischer Migranten gebraucht, um Mexiko von Süd nach Nord zu durchqueren. Seit dem Wochenende campiert eine Vorhut von knapp 2500 Menschen in einer Sporthalle in der Grenzstadt Tijuana.

Ihre Wahl war trotz des deutlich längeren Weges auf Tijuana gefallen, weil die Route als sicherer gilt als die von Drogenkartellen kontrollierte Strecke nach Matamoros am Golf von Mexiko. Außerdem hat die NGO Pueblos Sin Fronteras, Mit-Organisator der Karawane, ihren Sitz in Kalifornien und erhofft sich von den dortigen Behörden mehr Toleranz bei den Asylanträgen als im erzkonservativen Texas. Doch just in Tijuana, wo US-Grenzschützer in den vergangenen Tagen den doppelten Grenzzaun auch noch mit Stacheldraht verstärkt haben, ist der Zug vorerst ins Stocken gekommen. Die Karawane droht, in der kalifornischen Wüste stecken zu bleiben - und das hat vor allem politische Gründe.

Die beeindruckende Größe der Karawane und das Medienecho, das sie hatte, sind ein zweischneidiges Schwert: Sie bieten Schutz vor Übergriffen und eine gewisse Infrastruktur unterwegs. Sie bieten aber auch politische Angriffsfläche - zum Beispiel für US-Präsident Donald Trump, der weiterhin wütend twittert und die Grenze am Montag mehrere Stunden schließen ließ, um die Befestigungen zu verstärken - was den Unmut von tausenden Pendlern erregte. Der Bürgermeister Tijuanas, der konservative Juan Manuel Gastélum, nimmt sich Trump zum Vorbild: Ich wage nicht zu sagen, dass es alle Migranten sind, aber einige von ihnen sind fauler Nichtsnutze und Drogenkonsumenten, die unsere Ruhe stören", sagt er.

 

Politiker heizt Fremdenfeindlichkeit an

 

In einer Stadt, die vom grenzüberschreitenden Handel lebt, und in der die Hälfte der rund zwei Millionen Einwohner Zugewanderte sind, wirkt das etwas seltsam - zumal Tijuana alles andere als "ruhig" ist, wie der Kolumnist Carlos Puig anmerkt. "Unter Gastélum ist die Zahl der Morde stark gestiegen. In Tijuana werden täglich sieben Menschen umgebracht, und der schamlose Bürgermeister sieht die Ruhe und Sicherheit durch die Migranten bedroht", schreibt Puig in der Zeitung "Milenio".

 

Trotzdem machte in Tijuana erstmals die Solidarität der Mexikaner offener Feindseligkeit Platz; zweimal kam es in den letzten Tagen zu kleineren Kundgebungen gegen die Migranten. "In Tijuana kommen ständig Migrantengruppen an. Aber die Größe dieser Karawane weckt Bedrohungsängste", sagt der Soziologe José Moreno Mena dem Portal Frontera. In den nächsten Tagen werden bis zu 3000 weitere Migranten erwartet - ein potenziell explosiver Cocktail. Denn die Kapazitäten in der Grenzstadt waren schon vor der Ankunft der Karawane fast erschöpft. Täglich stranden dort hunderte - Mittelamerikaner auf dem Weg in die USA genauso wie aus den USA deportierte Mexikaner. In der Stadt gibt es ein paar von Freiwilligen organisierte Essensausgaben, sogenannte "Comedores", sowie rund tausend temporäre Schlafplätze in kirchlichen Migrantenunterkünften. Doch sie sind nur ein Notnagel. Auf den Straßen im Zentrum versuchen täglich hunderte, mit Minijobs zu überleben - vom Verkauf von Süßigkeiten, dem Putzen von Windschutzscheiben oder Lastenschleppen auf dem Markt.

 

Hoffnung auf Kanada

Die wenigsten schaffen es auf legalem Weg in die USA. Täglich akzeptieren die US-Grenzbehörden zwischen 30 und 50 Asylanträge, die Warteliste ist lang. Die Chancen für die Migranten stehen schlecht, räumt Pfarrer Alejandro Solalinde ein, Leiter einer Migrantenherberge und Koordinator der Pastorale für humane Mobilität. "Eigentlich gibt es nur zwei Optionen. Entweder sie bleiben in Mexiko, wo der neue Präsident Andrés Manuel López Obrador ihnen Arbeit angeboten hat, oder sie hoffen auf eine Luft- und Seebrücke und Asyl in Kanada". Diese Möglichkeit eröffnete den Migranten am Montag der kanadische Erzbischof Leonardo Marin Saavedra. Ein entsprechender Vorschlag werde derzeit von der Regierung geprüft, sagte er in der Sporthalle in Tijuana. Allerdings startet die Überführung frühestens im Frühjahr und nur für diejenigen, die akzeptiert werden. Bis dahin sollen sie in Tijuana Englischkurse besuchen und berufliche Weiterbildung erhalten. Ob es im Flaschenhals Tijuana so lange gärt, oder die Mittelamerikaner sich nach einer gewissen Zeit sogar integrieren, wie es zuletzt mit einer Welle haitianischer Einwanderer passierte, muss sich noch weisen.

Autorin: Sandra Weiss, Quelle: Deutsche Welle

Interview mit NGO-Direktor in Tijuana

"Wer einen Kaffee kauft, spendet einen weiteren für Migranten." Wir haben in Tijuana mit Hugo Castro gesprochen. Er ist Direktor der NGO "Border Angels" und hat das "Café der Undokumentierten" eröffnet. Das Interview finden Sie hier.

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