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Durch den Regen zurück ins Leben

Lluvia – Im Regen des Südens

Buenos Aires im Winter. Es regnet in Strömen. Eine Autofahrerin steht mit ihrem alten, lädierten, mit privaten Dingen und Hausrat vollgestopften Kleinwagen in einem Straßentunnel im Stau. Unvermittelt steigt ein Mann zu ihr ins Auto. Seine Hand ist verletzt. Er wirkt gehetzt und benommen, möchte nur kurz ausruhen.

Diese Zufallsbegegnung zweier Menschen um die Vierzig ist Ausgangssituation des sehenswerten Spielfilms „Lluvia – Im Regen des Südens“. Der Streifen der argentinischen Regisseurin Paula Hernández, der bereits 2008 gedreht wurde und zwischenzeitlich beim Filmfestival Mannheim-Heidelberg den „Großen Preis als Bester Film“ erhalten hat, läuft jetzt in den deutschen Programmkinos.

Lebenskrisen moderner Stadtbewohner

Alma heißt die Frau, die aus ihrer Ehe ausgebrochen und mit Sack und Pack weggefahren ist. Sie übernachtet im Auto, das sie zu ihrer Fluchtburg gemacht hat, wäscht sich notdürftig in öffentlichen Toiletten und weiß offensichtlich nicht, wohin sie als nächstes gehen oder ob sie zu ihrem Mann zurückkehren soll. Roberto, Almas zufälliger Bekannter, ist aus Madrid nach Buenos Aires gereist, um die Wohnung seines verstorbenen Vaters aufzulösen. Er besucht zum ersten Mal seit 30 Jahren sein Geburtsland Argentinien und muss sich mit einigen schmerzhaften Aspekten seiner Biographie auseinandersetzen.

„Lluvia – Im Regen des Südens“ ist ein leises, melancholisches Zwei-Personen-Stück, das sich darauf konzentriert, wie Alma und Roberto gegenseitiges Vertrauen aufbauen und Nähe zulassen. Sie geben sich Halt in ihren jeweiligen Lebenskrisen und erkennen die Chancen, die im Ratschlag und in den Ansichten einer zunächst außenstehenden, unparteiischen Person liegen. Die beiden unglücklichen Protagonisten werden in den wenigen Tagen ihrer Begegnung einander zu Widerhaken. Ohne dass es großartiger Taten bedarf, hilft die Anwesenheit des anderen dabei, die eigene Lebenslage zu überdenken, Prioritäten zu formulieren und Entscheidungen herbeizuführen.

Regen lässt äußere Welt verschwimmen

Beide Figuren haben im Augenblick kein echtes Zuhause. Der Dauerregen lässt die Welt außerhalb der Behelfswohnungen (Almas Auto, Robertos Hotelzimmer, die Cafés und Läden) undeutlich erscheinen und verleiht ihr ein feindliches Antlitz. Meistens erfüllt sich der Wunsch, wieder klarer sehen zu können, nicht. Allzu schwach sind die Scheibenwischer – die äußeren des Fahrzeugs und die inneren, metaphorischen, die Alma und Roberto Durchblick verschaffen sollen. Er als am Ende des Films der Regen nachlässt und ein paar hellblaue Flecken Himmel zwischen den Wolken sichtbar werden, sind die Figuren dazu bereit, ihre Wege fortzusetzen.

Valeria Bertuccelli spielt Alma als eine Frau, die sich mit all ihrer Kraft dagegen stemmt, in ihr altes Leben zurückzukehren. Einmal schlüpft sie in ihre schöne, behagliche Wohnung, widersteht aber dem Impuls, sich dort wieder einzurichten. In ihren Gesprächen löchert Alma Roberto mit schnellen, beinahe kindlich wirkenden Rückfragen (Warum ist das so? Was ist passiert?) und schärft damit indirekt ihre Selbstwahrnehmung. Ernesto Alterio hat als Roberto den leiseren Part eines Mannes, der mit dem unbekannten, fernen Vater konfrontiert wird und der erkennt, wie groß diese Leerstelle in seinem Leben ist. Beim Krankenhausbesuch erkennt er den Sterbenden nicht einmal. Später nimmt er die persönlichen Gegenstände seines Vaters beinahe liebevoll in die Hand, um sie dann aber fast vollständig in den Müllcontainer zu werfen.

Was bedeutet Verantwortung?

Beide, Alma und Roberto, umkreisen die elementare Frage der Verantwortung. Wie kann Alma die erkaltete Beziehung und ihren Kinderwunsch unter einen Hut bringen? War es unverantwortlich von Robertos Eltern, den Vater aus dem Leben des Jungen herauszuhalten? Was bedeutet es für seine eigene Ehe und für den Umgang mit seiner kleinen Tochter? Was soll er mit den Erinnerungsstücken an seinen Vater anfangen, speziell mit dem riesigen Flügel, der noch mitten in der ausgeräumten Wohnung steht? Manchmal, so stellen sie fest, bedeutet Verantwortung, die störenden und trennenden Dinge aus dem Weg zu räumen, um weitergehen zu können.

Thomas Völkner

Lluvia – Im Regen des Südens
Argentinien 2008

Buch und Regie: Paula Hernández
Mit Valeria Bertuccelli und Ernesto Alterio

Film im spanischen Original mit deutschen Untertiteln
Kinostart: 5. Mai 2011

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