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Costa Rica |

Dollarregen für schmutzige Luft

Nationalpark in Costa Rica. Foto: stevendepolo. CC BY 2.0.
Nationalpark in Costa Rica. Foto: stevendepolo. CC BY 2.0.

Die Karibiknation Costa Rica ist internationaler Vorreiter im Umweltschutz. Unternehmen aus den Industriestaaten können dort neuerdings in die erst CO2-Bank Lateinamerikas einzahlen. Emissionsrechte aus dem Süden sollen Klimaauflagen im Norden erfüllen. Costa Rica will dafür in Öko-Verkehr und Naturschutz investieren.

Seit die Karibiknation drei Jahre nach Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges die historische Entscheidung traf als einziger Staat der Welt auf seine Armee zu verzichten, ist Costa Rica nicht nur das "Land des Friedens". Wegen seiner Natur und Artenvielfalt gilt das 4,6-Millionen-Einwohnerland längst auch als internationaler Vorreiter in Sachen nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz. Sein Anfang der 1970er Jahre ins Leben gerufene Netz von Nationalparks deckt heute fast ein Drittel des Territoriums ab. Mit messbarem Erfolg: Zwischen Pazifik und Atlantik gelegen hat sich der Zwergstaat immerhin auf Platz 3 des renommierten Environmental Performance Index hochgekämpft. In ganz Lateinamerika ist Costa Rica, die "reiche Küste", sogar Spitze, gefolgt von Kuba (Platz 9) und Kolumbien (Platz 10). Ein Boom-Wirtschaftssektor ist darum der Öko-Tourismus, hunderttausende Besucher aus den Vereinigten Staaten und Europa strömen jährlich bevorzugt ins grüne Mittelamerika.

Dollarregen für "Umweltdienstleistungen"

Jetzt will Costa Ricas Regierung verstärkt in das Geschäft mit "Umweltdienstleistungen" einsteigen. Über eine neu gegründete Öko-Bank sollen in den kommenden acht Jahren insgesamt 16 Millionen Tonnen vom klimaschädlichen CO2-Gas "auf den Markt" kommen. Die Verschmutzungsrechte des "Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung" (CDM) sind Teil des Kyoto-Protokolls: Klimasünder können sich durch Investitionen in Klimaschutzprojekte in weniger industrialisierten, meist armen Ländern, freikaufen.

Ab sofort können diese Emissionsrechte an Lateinamerikas erster CO2-Börse gehandelt werden, informierte jüngst die "Stiftung Umweltbank", eine Institution, die im Umwelt- und Energieministerium von Costa Rica angesiedelt ist. "Die BanCO2 wird Dienstleistungen und Maklergeschäfte für den Handel mit CO2-Gutschriften übernehmen", erklärt René Castro, Costa Ricas Umweltminister in der heimischen Tageszeitung El País. Auch werde man das Geschäft mit dem Abgas bewerben, überwachen, über Fortschritte berichten und kontrollieren, wie viel CO2 die Naturparks im Land tatsächlich binden. Ziel sei ein "klimaneutrales" Costa Rica bis 2021, so einer der Initiatoren von Costa Ricas CO2-Markt. Mit dem Geld will die Regierung in klimafreundliche Busse des öffentlichen Nahverkehrs investieren.

Und in den Nationalparks soll der klimaschonenden Landwirtschaft und dem Tourismus unter die Arme gegriffen werden. Sogar die Agentur für Entwicklungszusammenarbeit GIZ aus Deutschland ist mit Kyoto-Experten beratend vor Ort. Deutschland selbst hingegen ist auf Platz Sieben der größten Klimasünder weltweit.

Win-Win-Situation unter Druck

Alles klingt nach einer klassischen "Win-Win"-Situation, bei dem der Markt die Spielbälle ideal verteilt. Costa Rica schützt die Natur, und bekommt dafür Geld. Im Gegenzug können Autofabrikanten oder Stromhersteller ihre Verschmutzung andernorts "kompensieren". Und am Ende kommt das Weltklima wieder ins Gleichgewicht.

Tatsächlich haben bereits große Firmen ihr Interesse angemeldet. So wollen Tochterunternehmen des britischen Reifenherstellers Brigdestone und der Autobauer Toyota aus Japan ihren Klimaabdruck verringern, berichtet die Presse. Der Wert einer "Costa-Ricanischen Emmissionseinheit" (UCC) liegt seit der ersten Ausgabe von 1,2 Millionen Tonnen CO2-Einheiten durch den "Nationalen Fonds für Waldfinanzierung" (FONAFIFO) bei fünf US-Dollar. Ein Schnäppchen im Vergleich zu den Rekordpreisen 2008, als Firmen für eine Tonne noch 50 US-Dollar zahlen mussten. Die Finanzkrise ließ die Emissionsrechte einbrechen, im April 2008 war ein Schein nur noch 3,79 US-Dollar wert.

Klimahandel in der Kritik

Genau hier setzten die Kritiker des Klimahandels ein. Der massive Preiseinfall habe dazu geführt, dass der Klimamarkt mit billigen Zertifikaten überschwemmt wurde. Der Klimamarkt sei gescheitert. Energieriesen in Europa etwa würden den preiswerten Zukauf von Rechten dennoch hoch einpreisen. Und frech an ihre Kunden weitergeben: Ohne ein Kohlekraftwerk weniger gebaut zu haben - und damit das Klima zu schonen - verdienen Firmen wie Vattenfall und E.ON sogar mit Extraplus am Klimahandel. Weil immer mehr Länder im Süden Zertifikate anbieten, darunter viele faule Papiere ohne echte Naturschutzmaßnahmen im Rücken, sei der Markt weiter unter Druck geraten.

In Europa sind die Preise mit fünf Euro weiter im Keller. Aus Länder wie Bolivien kommt ein anderer Einwand. Naturschutz gegen Dollars habe mit Klimagerechtigkeit wenig am Hut. Prominent greift Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera das Kyoto-Modell an: Die Industrieländer würden den Rest der Welt für immer zu "Parkwächtern" degradieren, statt ihnen eine nachholende Entwicklung zu gönnen und diese aktiv zu unterstützen. Letztlich gilt es wohl die Frage zu stellen, ob Costa Rica auch anderen Länder in Afrika, Asien oder Lateinamerika ein nachzuahmendes Vorbild sein kann.

Autor: Benjamin Beutler.

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