Die Ober- und Mittelschicht hat das Coronavirus nach Lateinamerika gebracht
Aus dem Urlaub in einem Skiressort oder aus Italien kamen sie zurück - und brachten das Coronavirus nach Lateinamerika. Die meisten Erstinfektionen des Virus stammen von Menschen aus gehobeneren sozialen Klassen. Vor allem Arme sind dem schutzlos ausgeliefert.

(Symbolbild) Die Favela Morro dos Cabritos in Brasilien. Foto: Florian Kopp/ Adveniat
Auch in der Corona-Krise zeigt sich die soziale Ungleichheit in den Gesellschaften Lateinamerikas. Verantwortung für die Verbreitung des Virus und die sozialen Folgen durch die Krankheit, Quarantäne und Arbeitsplatzverlust sind entsprechend ungleich verteilt. In Ländern wie Haiti, Chile und Mexiko waren es vor allem Mitglieder der oberen Mittelschicht und Oberschicht, die das Coronavirus von ihren Reisen um die Welt in ihre Heimat getragen hatten. Das zeigt eine Reportage der Nachrichtenagentur AP vom Montag, 30. März 2020.
In Haiti, dem ärmsten Land in ganz Lateinamerika, seien demnach die ersten zwei Corona-Infektionen Ende März festgestellt worden. Einer der zwei ersten Patienten war Haitis Gesangsstar Roody Pétuel Dauphin alias Roody Roodboy. Der Künstler war nach seiner Rückkehr aus Frankreich positiv auf das neue Virus getestet worden, so AP. Nach Bekanntwerden der Erkrankung seien gegen den R&B-Star Morddrohungen eingegangen. Millionen von Haitianerinnen und Haitianer erhalten keinen Zugang zu Corona-Tests.
Chile: Corona aus Skiurlaub in Colorado
In Chile sei über die Hälfte der Erstinfektionen in Stadtteilen der Ober- und Mittelschicht ermittelt worden. Die meisten Personen seien gerade aus dem Urlaub in Europa zurückgekommen, vor allem aus Italien. Gesundheitsminister Jaime Mañalich zeigte sich verärgert darüber, dass sich die Bewohner der wohlhabenden Viertel Las Condes und Vitacura nicht an die verpflichtende Quarantäne halten würden. Mexikanischen Behörden zufolge seien mindestens 17 der reichsten Menschen des Landes von einem Skiurlaub aus Vail im US-Bundesstaat Colorado mit Corona-Infektion zurückgekehrt.
In Brasilien war das erste Covid-19-Todesopfer Cleonice Gonçalves, eine 63 Jahre alte Hausangestellte in Rio de Janeiros Stadtviertel Leblon, die sich während eines Familienurlaubs ihrer wohlhabenden Arbeitgeberfamilie in Italien mit Corona angesteckt hatte. Während der Familienvater in Isolation auf sein Testergebnis wartete, wurde die Frau, die an Diabetes und Bluthochdruck litt, nicht über die Gesundheitsgefahr informiert. Auf dem ungleichen Kontinent kann sich die große Mehrheit der Bevölkerung keine Quarantäne leisten, da sie nicht auf die Einnahmen aus ihren meist informellen Jobs verzichten können. Vom Staat können sie nicht auf viel Hilfe hoffen. (bb)