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Peru |

Die lange Geschichte einer Grundsteinlegung

Auf seiner Reise durch die Andenländer legte Dirk Niebel in Lima den Grundstein für ein „Museum der Erinnerung“ an die Opfer des vergangenen Bürgerkrieges. Der Bau der Gedenkstätte war bis zuletzt umstritten – eine deutsche Entwicklungshilfeministerin und ein frischgekürter Nobelpreisträger hatten erheblichen Anteil daran, dass sie nun doch gebaut wird.

Sowohl der peruanische Staatspräsident Alan García als auch der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel, betonten in ihren Reden zuerst die wirtschaftliche und politische Erfolgsstory Perus mit seinem seit zehn Jahren anhaltenden Wirtschaftswachstum, bevor sie zum Thema kamen, das sie am 4.November im Stadteil Miraflores in Lima zusammenführte: der peruanische Staat wird eine nationale Gedenkstätte für die Opfer des Bürgerkrieges erbauen, die Bundesrepublik Deutschland wird dazu zwei Millionen Euro spenden. Er beglückwünsche Peru zu seinem Mut, so Niebel, sich seiner schmerzhaften Erinnerung zu stellen, damit sich die Tragödie des Bürgerkrieges nicht wiederhole.

Bericht der Wahrheitskommission als Auslöser

Ausgelöst hatte die öffentliche Debatte um die Aufarbeitung der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der maostischen Terrorgruppe „Leuchtender Pfad“ und Militär und Polizei der Bericht einer Wahrheitskommission. 70.000 Peruaner seien im Bürgerkrieg umgekommen, errechnete die Kommission 2003 und nannte die Verantwortlichen in Militär und Politik beim Namen.

Auch der seit 2005 zum zweiten Mal amtierende Präsident Alan García kam im Bericht nicht ungeschoren davon, fielen doch in seine erste Amtszeit 1985 – 1990 mehrere Massaker und Menschenrechtsverletzungen. Als die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heide Wieczorek-Zeul denn anlässlich ihres Peru-Besuchs vor zwei Jahren sich für die Aufarbeitung des Bürgerkrieges einsetzte und eine deutsche Spende für den Bau einer Gedenkstätte ankündigte, war das Geschenk bei der peruanischen Regierung nicht gern gesehen. Das Geld könne man besser direkt für die Armen einsetzen, hieß es aus Regierungskreisen.

Vielleicht wäre Wiecozorek-Zeuls Absicht eine solche geblieben, wenn nicht Mario Vargas Llosa zur Feder gegriffen hätte. Peru brauche sehr wohl ein Museum der Erinnerung, auch dieses diene der Entwicklung des Landes, verkündete der bekannteste lebende peruanische Schriftsteller in seiner weltweit gelesenen Zeitungskolumne.

Einfluss von Mario Vargas Llosa

Aufgrund des öffentlichen Drucks und der moralischen Autorität des Schriftstellers lenkte Alan García in den Bau der Gedenkstätte ein und setzte noch eins drauf: er machte Vargas Llosa zum Vorsitzenden der offiziellen Gedenkstätten-Kommission. Und versuchte derweil, seine Haut und die der angeklagten Militärs auf andere Weise zu retten. Ein Amnestiegesetz sollte durch die Hintertür die Verurteilung von Militärangehörigen und Polizisten wegen Menschenrechtsverbrechen verhindern. Wiederum griff Vargas Llosa ein. In einem öffentlichen Protestbrief gab er Mitte September den Vorsitz der Kommission zurück. Die peruanische Regierung zog daraufhin den Gesetzesvorschlag zurück. Zwei Wochen später gab das Nobelpreiskomitee bekannt, dass Mario Vargas Llosa den diesjährigen Literaturnobelpreis erhalten wird.

„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“

Vier Wochen später, am 4. November, sind weder Heide Wieczorek-Zeul noch Mario Vargas Llosa anwesend, als der Grundstein für das Museum gelegt wird. Wieczorek-Zeuls Amtsnachfolger Dirk Niebel darf in Lima Wilhelm von Humboldt zitieren: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“. Präsident Alan García dagegen mag an Vargas Llosa denken, wenn er mit eher gequälter Miene sich selbst dazu beglückwünscht, „dass er diese Stätte des Denkens einweihen darf“.

Autorin: Hildegard Willer

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