Die Globalisierung macht Pause: Klares Wasser in Rio
Noch vor kurzem als stinkende Kloake verschrien, überrascht die Guanabara-Bucht, an der Rio de Janeiro liegt, neuerdings mit klarem Wasser, in dem sich bislang nicht gesehene Tiere tummeln.

Die Guanabara-Bucht in Rio de Janeiro aus der Vogelperspektive. Foto: Adveniat/Bastian Bernhardt
Rio de Janeiro liegt an der westlichen Seite der rund 400 Quadratkilometer großen Guanabara-Bucht. Vor den Olympischen Sommerspielen 2016 gab es erhebliche Bedenken, hier die Segel-Wettbewerbe stattfinden lassen. Denn die Bucht gilt als Müllkippe von Rio. Aufgrund der Verschmutzung haben die Fischbestände stark abgenommen. Dennoch gab es laut dem Nachrichtenportal Deutsche Welle im Jahr 2016 noch 20.000 Fischer in der Bucht.
Schildkröten und Haie in kristallklarem Wasser
Seit einigen Wochen zeigt sich ein ganz anderes Bild von der Guanabara-Bucht: In stellenweise kristallklarem Wasser werden Schildkröten und Haie gesichtet - Meeresbewohner, die es hier schon lange nicht mehr gab. Der Grund dafür liegt vermutlich in der Corona-Pandemie, die dafür gesorgt hat, dass weltweit die Produktion von Gütern und der Warenverkehr beinahe zum Stillstand gekommen sind. Die Globalisierung hat eine Pause eingelegt. Das macht sich auch in anderen Regionen der Welt bemerkbar: In der australischen Großstadt Adelaide, deren Straßen wegen Corona nicht mehr verstopft sind, sprang kürzlich ein Känguru durch die City. Und in Santiago de Chile wurde ein Puma gesichtet.
Experten führen die saubere Guanabara-Bucht aber auch auf einen anderen Faktor zurück. Der Umweltschützer Sérgio Ricardo, Gründer der Bewegung Baia Viva (Lebendige Bucht), verweist auf natürliche, jahreszeitlich bedingte Prozesse, die eine Selbstreinigung bewirkten. So steige der Wasserpegel, einige Orte seien von heftigen Überschwemmungen betroffen. Es handele sich um eine bekannte Hydrodynamik der Guanabara-Bucht. Milliarden Liter an Wasser flössen dann aus dem offenen Meer in die Bucht und schwemmen den Müll an die Küste.
Recycling findet in Rio kaum statt
In die Bucht werden Ricardo zufolge jeden Tag rund 90 Tonnen Müll gekippt. Im Großraum Rio gebe es keine Mülltrennung und keine Anreize zum Recycling. Lediglich ein Prozent der in der Region täglich anfallenden 17.000 Tonnen Müll werden recycelt. Der Umweltschützer hofft, dass die corona-bedingte Zwangspause zu einem Nachdenken über das derzeit praktizierte Wirtschaftsmodell führt, das für schwere Umweltschäden sorge. In diesem Jahr nehme die Bevölkerung das Naturphänomen in der Guanabara-Bucht bewusster wahr als sonst. Das könne ein Umdenken bewirken.