Die "Fusion" von FARC und Paramilitärs
Wie zu Zeiten des legendären Drogenbarons Pablo Escobar in den 1980er und 1990er Jahren kommt es in Kolumbien offenbar wieder zu "perversen kriminellen Allianzen", wie semana in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.
Konkret geht es um ein Massaker vom 16. September in der Provinz Cordoba, das auf die Rechnung von Alias Manteco von der Einheit "Frente 58" und Luis Usuga Restrepo vom Block "Ivan Rios" gehen - beides wegen ihrer Brutalität und Rücksichtslosigkeit gefürchtete FARC-Einheiten. Bilanz der tödlichen Attacke: Sieben ermordete Polizisten. Die Bewohner der Ortschaft Puerto Libertador hörten an betroffenen Morgen immer wieder Salven von Maschinengewehrfeuer. Als es endlich wieder ruhig war, suchten die eingeschüchterten Menschen den Schauplatz der Schießerei auf und sahen vier erschossene Polizisten in einem völlig durchsiebten Jeep und weitere drei Leichen von Uniformierten, die um das Fahrzeug herumlagen.
Es war nicht der erste todbringende Überfall, den rechte und linke Gewalttäter nach Erkenntnissen der kolumbianischen Journalisten gemeinsam zu verantworten haben. Gezielt wird dabei Jagd auf vor allem junge Polizisten gemacht: Vier weitere Tote gab es in Antioquia zu beklagen, drei weitere in Cordoba. In einem Fall sollen die Auftragsmörder sogar ein Opfer in seinem eigenen Haus vor den Augen der minderjährigen Tochter erschossen haben.
FARC: Keine Zusammenarbeit mit Paramilitär
Hinter der Strategie soll der sogenannte "Plan Pistola" stehen, bei dem für jeden getöteten Polizisten eine Prämie gezahlt wird. Eine Anlehnung aus der Zeit von Pablo Escobar, der diese Praxis im Kampf gegen den Staat anwendete. Darío Antonio Úsuga vom Clan der "Los Usuga" soll hinter der Strategie stehen. "Los Usuga" ist eine Nachfolgeorganisation der gefürchteten paramilitärischen Gruppierung "Urabenos". Darío Antonio Úsuga gilt auch als "Kronzeuge" für die politisch brisanten Aussagen zur Kooperation von FARC und Paramilitärs. Er habe beim Massaker von Cordoba auf die "Hilfe" der Farc zählen können. Ob dies nun an den familiären Banden liegt, die die "Usugas" mit den bewaffneten Gruppen beider politischer Lager verbinden oder ob sogar eine gemeinsame Strategie dahinter steckt, um Einnahmen aus dem Drogenhandel und dem illegalen Bergbau zu sichern, ist bislang nur Gegenstand von Spekulationen, die Teile der FARC laut semana entgegen sonstiger Gepflogenheiten diesmal nicht dementieren wollten.
Das Thema lässt in Kolumbien die Emotionen hochschlagen. Mit einigen Tagen Verzögerung reagierte dann doch der beschuldigte FARC-Block Iván Rios auf die Anschuldigungen, übernahm die Verantwortung für das blutige Massaker mit den sieben toten Polizisten, bestritt aber jedwede Kooperation mit den Paramilitärs. "Wir haben keine Allianzen mit den Strukturen des staatlichen Terrors", hieß es in einer Stellungnahme der Farc-Kampfeinheit. "Die Allianzen der sogenannten paramilitärischen Gruppe sind mit den Institutionen der Armee und Polizei und nicht mit der Rebellion."
Kirche sorgt sich um Friedensgespräche
Erzbischof Luis Augusto Castro befürchtet, die jüngsten Vorfälle könnten die Friedensgespräche zwischen der FARC und der Regierung in der kubanischen Hauptstadt Havanna komplizierter machen, als sie es ohnehin schon sind. Die FARC, so fordert es Castro, müsse das Problem der "internen Einheit" mit offenbar zu selbstständigen Gruppen unbedingt in den Griff kriegen. Nicht nur die mutmaßliche Zusammenarbeit mit den Paramilitärs sei besorgniserregend, auch gäbe es in den FARC-Einheiten Abspaltungstendenzen. Es gäbe in der Bevölkerung eine große Verwirrung, wenn sie einen Guerillero sagen hören: "Nein, wir haben mit dem, was in Havanna passiert, nichts zu tun. Das ist Sache von denen da oben. Wir haben einen anderen Plan. Unser Plan ist es die Macht zu ergreifen und Schluss."
Autor: Tobias Käufer, Fotoquelle: Eneas de Troya, CC BY 2.0