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Chile |

Die Causa Mapuche - Chiles tiefe Wunde

Der chilenische Staat hat in den vergangenen Jahren auf den sozialen Protest der Mapuche mit einer Politik der Kriminalisierung reagiert. Dies hatte zur Folge, dass Dutzende Mapuche ins Gefängnis geworfen wurden, da sie sich angeblich „terroristischer Taten“ schuldig gemacht hätten. Die Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit von Spanien hat nun eine der tiefsten Wunden Chiles offen gelegt - jene des Verhältnisses zu den Völkern, die das Land ursprünglich besiedelten. Auch wenn Regierung und Presse sich bemühten, diese Wunde zu verbergen: Die Feierlichkeiten konnten nicht über die alte Wunde hinweggehen.

Gewaltsame Besitznahme und Zwangsassimilierung

Alles nahm seinen Anfang mit der gewaltsamen Art und Weise, wie der chilenische Staat auf den Siedlungsgebieten jener Völker errichtet wurde - zum Teil unmittelbar nach 1810. Im äußersten Süden beispielsweise bedeutete die Durchsetzung der Souveränität des chilenischen Staates über Feuerland die Ausrottung der Selknam.

Was die Mapuche betrifft, nahm Chile Besitz von ihren angestammten Gebiete. Diese waren von den spanischen Kolonialherren zunächst teilweise anerkannt worden, so dass sie eigene Parlamente erhielten. Die Mapuche wurden später vom unabhängigen Chile auf einer Fläche von fünf Prozent ihres ursprünglichen Siedlungsgebietes zusammengepfercht.

Kulturelle Integration und Aneignung natürlicher Ressourcen

Der Zwangsassimilierung des 19. Jahrhunderts folgte im 20. Jahrhundert die Politik einer kulturellen Integration. In jüngster Vergangenheit sorgte der chilenische Staat dann dafür, dass Agrar-, Forst- und Energieunternehmen auf Mapuche-Land vordringen und sich die natürlichen Ressourcen der Ureinwohner aneignen konnten. Die Auswirkungen erstrecken sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die Kultur der Mapuche. Diese verdrängte Wirklichkeit wurde kürzlich durch den langen Hungerstreik von 34 inhaftierten Mapuche offen gelegt.

Kaum öffentliches Interesse

Chiles Politiker - sowohl jene der Regierung als auch die der Opposition - interessierten sich für die Mapuche und ihre Forderungen noch wenige Wochen vor den Unabhängigkeitsfeierlichkeiten kaum. Auch ein Großteil der chilenischen Presse beachtete den Hungerstreik nicht. Die Furcht, der mögliche bevorstehende Tod der Hungerstreikenden könne die Feierlichkeiten trüben, trieb die Regierung schließlich zu zwei Gesetzesinitiativen. Die eine sieht eine Reform des höchst umstrittenen Antiterrorgesetzes vor, die andere eine Reform der chilenischen Militärjustiz. Nun rührte sich auch die Opposition, die anerkennen musste, dass die Anwendung des Antiterrorgesetzes – unter den Regierungen der sozialistischen Präsidenten Lagos und Bachelet – ein großer Fehler war.

Katholische Kirche als Vermittlerin

Auch wenn die Reformprojekte aus Perspektive der Menschenrechte erhebliche Mängel aufweisen – so werden zum Beispiel weiterhin manche Delikte als terroristische Straftaten definiert, die nicht zwingend als solche bezeichnet werden können – wurde der Weg für
eine parlamentarisch Debatte über die Ursachen des gewaltsamen Konflikts frei gemacht. Außerdem hat die chilenische Regierung einem runden Tisch zugestimmt, den die Mapuche gefordert hatten. Die katholische Kirche hat sich bereit erklärt, als Vermittlerin des Dialoges aufzutreten.

Hoffnungen wieder gedämpft

Allerdings sind die aufgekeimten Hoffnungen in den vergangenen Tagen bereits wieder durch Äußerungen von Präsident Sebastián Piñera gedämpft worden. Diese lassen erwarten, dass die heiklen Themen außen vor gelassen werden. Piñera will den sogenannten „Plan Araucanía” aus seinem Regierungsprogramm durchsetzen: Staatliche und private Investitionen sollen dabei helfen, die Armut zu überwinden, die in der Region vor allem unter den Mapuche herrscht. Dabei werden bewusst strittige Fragen wie vor allem die des Landbesitzes ausgeklammert. Chiles Wunde wird somit nach 200 Jahren Unabhängigkeit sogar noch tiefer.

Autor: José Aylwin (Adital/Monde Diplomatique), deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

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