Chaotische Zustände an der Grenze
An der Grenze zwischen der Dominkanischen Republik und Haiti kommt es laut Augenzeugenberichten teilweise zu chaotischen Zuständen. Die Hauptverbindung nach Haitis Hauptstadt Port-au-Prince sei durch Flüchtlinge und Hilfskonvois "hoffnungslos verstopft", sagte ein Sprecher des katholischen Hilfswerks Misereor am Freitag auf Anfrage in Jimani. Die Hauptstadt der dominikanischen Provinz Independencia ist ein Nadelöhr für die Hilfsgütertransporte in das Katastrophengebiet.
Um die Verteilung von Lebensmitteln und Medikamenten zu beschleunigen, müsse die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und den Vereinten Nationen weiter vorangetrieben werden, so der Sprecher weiter. Kirchliche Organisationen könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, weil sie nach dem erdbebenbedingten Zusammenbruch vieler lokaler Verwaltungen als einzige über entsprechende Strukturen vor Ort verfügten.
Nach wie vor kommt es laut Misereor in der Region rund um Port-au-Prince zu Nachbeben. Während die Zerstörungen in manchen Vororten überschaubar geblieben seien, trage die Situation im Stadtzentrum immer noch "apokalyptische Züge". Viele Menschen übernachteten im Freien aus Angst vor neuen Erdstößen. Es fehle an Trinkwasser und Sanitäranlagen. Das Finanzwesen stehe kurz vor dem Kollaps, weil die meisten Banken und Geldautomaten zerstört oder geschlossen seien.
Ausschreitungen habe er trotzdem keine beobachten können, so der Sprecher. Allerdings suchten immer mehr Bewohner von Port-au-Prince Zuflucht bei Verwandten auf dem Land.
Dies berichten auch Projektpartner des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. So schreibt P. Jean Gregory Jeudy aus der Diözese Port-de-Paix an Haiti-Länderreferentin Margit Wichelmann, es gebe einen "massives Exodus" aus Port-au-Prince. Weiter schreibt er: "Alles Pfarreien in den Provinzen sind voll von Brüdern und Schwestern aus Port-au-Prince. Diese Menschen kommen mit leeren Händen zu uns. Man muss sie unterbringen, sie bekleiden und ernähren. Es ist eine wirkliche Tragödie. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Betet für uns." Die Diözese Fort-Liberté hat bereits einen konkreten Aktionsplan ausgearbeitet und damit begonnen, ihn umzusetzen (s. Hintergrund: "Haiti wird wieder aufstehen.").
Quelle: kna/Adveniat