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Mexiko |

Bürger rüsten auf

Eine Kontrollstation der sogenannten "Autodefensas", der Bürgerwehren im mexikanischen Bundesstaat Michoacan. Foto: DW/T. Käufer
Eine Kontrollstation der sogenannten "Autodefensas", der Bürgerwehren im mexikanischen Bundesstaat Michoacan. Foto: DW/T. Käufer

Am Ortseingang verkünden ausgebrannte Fahrzeuge von den jüngsten Unruhen. Hier im mexikanischen Bundesstaat Michoacan tobt der Drogenkrieg besonders heftig.

Vor gut einem Jahr geriet das "Massaker von Apatzingan" in die internationalen Schlagzeilen. Damals sollen Polizisten 16 Zivilisten nach einer friedlichen Demonstration erschossen haben. "Tötet sie wie Hunde", hätten die Sicherheitskräfte dabei gerufen, berichteten Augenzeugen.

Vertrauen in die Behörden zerstört

Das "Massaker von Apatzingan" war einer der Anlässe, warum die Menschen in der Unruheprovinz nördlich von Mexiko-Stadt jegliches Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren haben. "Die Regierung war immer gegen uns. Immer", sagt Brunnenarbeiter Jose Alfredo Estrada Montero (52), der sich bei den sogenannten "Autodefensas", den Bürgerwehren, engagiert.

"Ich mag es nicht, Waffen zu tragen. Ich würde mich lieber ganz der Arbeit widmen. Aber wir müssen das tun", sagt Estrada im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Denn sonst schützt uns niemand." Polizei, Justiz und lokale Regierung, die steckten mit der organisierten Kriminalität unter einer Decke: "Es gibt Regierungen, die sind für mich wie Vampire", sagt Estrada. "Und Vampire scheuen das Licht, die Transparenz. Sie bevorzugen die Dunkelheit."

Und in der Dunkelheit gehen Estrada und seiner Mitstreiter auf Patrouille. Sie wollen ihre Gemeinde unweit der Hauptstadt Morelia vor den Einflüssen der organisierten Kriminalität schützen. "Für die Patrouillen nutzen wir einfache, eigene Fahrzeuge. In jeder Kommune gibt es drei Personen, die für die Organisation der Routen und der Kontrollen zuständig ist", sagt Estrada, der selbst auf Streife geht.

Rückendeckung durch die Gemeinde

Innerhalb der Gemeinde erfahren Estrada und seine Mistreiter Rückendeckung - auch von Mitarbeitern der katholischen Kirche wie Rita Cruz Valdez (58). "Was wir wollen ist Frieden. Und die Barrikaden, die wir errichten, helfen uns, um die Gewalt und die Kriminalität von unserem Dorf fernzuhalten. Gott sei Dank gibt es diese Bürgerwehren", sagt die Frau mit fester Stimme. "Wissen Sie wie das ist, wenn sie ein zwölfjähriges Mädchen sehen, das weinend zu Hause sitzt und Angst hat auf die Straße zu gehen, weil es gesehen hat, wie dem eigenen Vater eine Waffe an den Kopf gehalten wird. Das ist der Grund warum wir diese Gruppen haben."

Und diese Gruppen, so ist Cruz Valdez überzeugt, bringen eine Art Freiheit zurück in das Dorf. "Wir können jetzt wieder auf die Straße gehen. Wir wollen unsere Freiheit zurück, eine Freiheit in der unsere Entscheidungen, unsere Wählerstimmen wieder zählen und respektiert werden."

Für die reguläre Regierung sind die Bürgerwehren eine Bedrohung, weil sie die Autorität des Staates untergraben und eine Art Nebenjustiz und -verwaltung aufbauen. Zudem gibt es Stimmen, die den Bürgerwehren vorwerfen, bereits mit der Drogenmafia zu kooperieren. "In dem Moment in dem wir spüren, dass es keine Korruption mehr in der Regierung gibt und dort ehrliche Arbeit abgeliefert wird, dann werden wir wieder kooperieren", verspricht Cruz Valdez.

Zögerliche Erfolge der Politik

Davon ist Michoacan, wie ganz Mexiko zur Zeit, allerdings weit entfernt. Mehr als 70.000 Tote hat der Drogenkrieg seit 2006 in Mexiko gefordert, Tausende Menschen werden vermisst. Vor allem die Korruption innerhalb der Justiz und der Sicherheitskräfte ist ein großes Problem für die Regierung von Staatspräsident Enrique Pena Nieto.

Immerhin konnte der Präsident nach der aufsehenerregenden Flucht von Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman zuletzt mit dessen erneuter Verhaftung einen Teilerfolg erringen. Ob das allerdings reicht, um das Vertrauen in die staatlichen Institutionen zurückzuführen, darf bezweifelt werden.

Bischof fordert neue Verfassung

Der mexikanische Bischof und Menschenrechtsaktivist Raul Vera aus Saltillo, dessen Arbeit vom deutschen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt wird, sieht das Problem ohnehin viel tiefer: Er wirft der Regierung eine Komplizenschaft mit der organisierten Kriminalität vor, um das Volk mit Hilfe der Polizei zu kontrollieren und die Machtstrukturen abzusichern. Er fordert einen radikalen Schritt: Eine neue Verfassung, welche die Machtverhältnisse im Land neu ordnet.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Tobias Käufer

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