Brasilien entsendet Militär an die Grenze zu Venezuela
Laut Präsident Michel Temer soll der Militäreinsatz mindestens zwei Wochen dauern. In den vergangenen Tagen war es im nordbrasilianischen Teilstaat Roraima zu gewaltsamen Übergriffen auf venezolanische Flüchtlinge gekommen.
Der Einsatz sei zunächst bis zum 12. September begrenzt, könne jedoch weiter verlängert werden, so Temer. Die Soldaten sollen demnach die Grenze und das Hinterland in einem Streifen von 150 Kilometern absichern und die Hauptverkehrsstraßen kontrollieren. Damit sollen laut Temer auch humanitäre Aktionen der Regierung an der Grenze und in Roraimas Hauptstadt Boa Vista unterstützt werden. Noch ist unklar, wie viele Soldaten eingesetzt werden. Zuletzt waren bereits rund 200 Soldaten der Nationalen Eingreiftruppe nach Roraima entsendet worden.
Hetzjagd auf Flüchtlinge
Vor zwei Wochen war es nach einem mutmaßlich von Venezolanern durchgeführten Überfall auf ein Geschäft zu Ausschreitungen in der Grenzstadt Pacaraima gekommen. Ein Mob zündete die Habseligkeiten von Flüchtlingen an und trieb etwa 1.000 Venezolaner über die Grenze. Seitdem berichteten venezolanische Flüchtlinge wiederholt, von Brasilianern regelrecht gejagt worden zu sein. Die Venezolaner werden zudem für eine Masernepidemie verantwortlich gemacht, die bisher mindestens acht Personen in Nordbrasilien das Leben kostete.
Klemens Paffhausen, Brasilien-Referent beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, berichtet von einem „hasserfüllten Klima“ an der venezolanisch-brasilianischen Grenze: „In der ohnehin armen Region haben sich die Konflikte verschärft, da die Venezolaner gar nichts haben weder Nahrung noch ärztliche Betreuung.“ Es bahne sich eine humane Katastrophe an und man sehe, „dass die Venezolaner um ihr Leben fürchten müssen“, so der Adveniat-Experte.
Kirche steht für Willkommenskultur
In einer Stellungnahme spricht die brasilianische Bischofskonferenz Flüchtlingen und Helfern ihre Solidarität aus: „Die extreme Gewalt gegenüber den venezolanischen Migranten, die vor dem Hunger fliehen, verletzt zutiefst die Menschenwürde und beschämt und alle.“ Nun sei jeder Brasilianer gefragt, sich in Empathie und Mitleid zu üben und zu beweisen, dass er Teil einer zivilisierten Nation sei. „Die Kirche vertritt eine Willkommenskultur und setzt sich für eine Betreuung der Flüchtlinge ein. Die Infrastruktur in Paracaima reicht dafür aber nicht aus“, stellt Klemens Paffhausen von Adveniat fest.
Lokalregierung fordert Grenzschließung
Im Teilstaat Roraima mit seinen rund 500.000 Einwohnern sollen sich inzwischen etwa 50.000 Venezolaner aufhalten. Die Lokalregierung forderte mehrfach die Schließung der Grenze. Zudem besteht sie auf von der Zentralregierung versprochenen Hilfsgeldern und auf die Verteilung der Flüchtlinge auf andere Regionen Brasiliens. Am Dienstag wurden 189 Venezolaner aus Roraima ausgeflogen. Damit liegt die Zahl der bislang umverteilten Flüchtlinge bei 1.000.
Seit Anfang 2017 verschlechterte sich die politische und wirtschaftliche Situation in Venezuela zusehends. Seither kommen immer mehr Venezolaner nach Brasilien. Von den rund 127.000 eingereisten Flüchtlingen sollen inzwischen rund 60 Prozent in andere Länder Südamerikas weitergereist sein. In Kolumbien halten sich nach Schätzungen rund 900.000 Venezolaner auf. Insgesamt sollen rund 2,5 Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen haben.
Quelle: KNA
Hilfe für venezolanische Flüchtlinge
Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt die kirchlichen Partner in Brasilien bei der Versorgung und Betreuung der venezolanischen Flüchtlinge. Auch Sie können helfen. Info und Spendenmöglichkeit hier.