Bolsonaros Rentenreform nimmt erste parlamentarische Hürde
Die von der brasilianischen Regierung unter Präsident Jair Messias Bolsonaro eingebrachte Rentenreform hat im Abgeordnetenhaus die erste Hürde genommen. Mit 379 zu 131 Stimmen fiel die Zustimmung überraschend groß aus, wie Medien am Mittwochabend (Ortszeit) berichteten. Oppositionspolitiker kritisierten die Reformvorschläge derweil als sozial ungerecht. Inkrafttreten wird die Reform voraussichtlich gegen Jahresende.
Neu ist ein Mindestalter für den Renteneintritt, das schrittweise auf 65 Jahre für Männer und 62 Jahre für Frauen erhöht wird. Für Lehrer, Bundespolizisten und Landarbeiter gibt es jedoch Ausnahmeregeln mit deutlich niedrigerem Renteneintrittsalter. Damit scheitert der ursprüngliche Plan der Regierung, gleiche Regeln für alle Berufsgruppen einzuführen. Um für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, sollen die Rentenbeiträge für Besserverdienende deutlich steigen.
Die Opposition kritisierte vor allem die Senkung der Invalidenrente sowie die langen Beitragszeiten von mindestens 20 Jahren. Besonders für arme und schlecht ausgebildete Brasilianer, die meist informell arbeiten, werde es nahezu unmöglich sein, eine Rente zu beziehen. In den letzten Wochen hatte es landesweit Proteste gegen die Rentenpläne gegeben. Ein Generalstreik im Juni fand jedoch nur geringen Zulauf. Zuletzt deuteten Umfragen eine knappe Mehrheit innerhalb der Bevölkerung für die Reform an. Auch am Mittwochabend kam es in Brasilien zu Protesten gegen die befürchteten Rentenkürzungen.
Die Reform gilt als wichtigstes Projekt der neuen Regierung von Präsident Bolsonaro, um die Staatsfinanzen zu sanieren und die lahmende Wirtschaft anzukurbeln. Ohne eine grundlegende Reform des Rentensystems droht dem Bund in wenigen Jahren die Zahlungsunfähigkeit. Geplant sind Einsparungen von rund 250 Milliarden Euro über zehn Jahre. Obwohl Länder und Gemeinden sich in ähnlich prekärer Lage befinden, sind sie bisher nicht Teil der Reform.
Noch muss das Abgeordnetenhaus ein zweites Mal über das Reformpaket abstimmen, bevor dieses an den Senat weitergereicht wird. Auch dieser muss den Reformen zweimal zustimmen. Experten erwarten dabei substantielle Änderungen. So könnten noch Länder und Gemeinden in die Reform aufgenommen werden. Auch ein Umstieg vom Umlagesystem auf ein kapitalgedecktes System für neu in den Arbeitsmarkt eintretende Arbeitnehmer steht zur Debatte.