Bischofskonferenz prangert Zustände in Gefängnissen an
Am 24. September 2013 veröffentlichten das Büro für Gerechtigkeit und Frieden und die Kommission der Sozialpastoral der venezoelanischen Bischofskonferenz diese Erklärung:
„Wir drücken unseren tief empfundenen Schmerz, Bedauern und Betroffenheit über die gewaltsamen Vorfälle aus, die sich Tag für Tag in den Strafvollzugsanstalten des Landes ereignen. Zahlreiche Tote und Verletzte sind zu beklagen, die viele Familien und unsere gesamte Gesellschaft in Trauer stürzen. Allein am 16. September verloren im Gefängnis von Sabaneta 16 Menschen ihr Leben. Die Gewalt ist das Ergebnis einer ganzen Reihe von Missständen, die wir seit Jahren anprangern: die unzureichende Infrastruktur in den Gefängnissen, die Korruption, die Überfüllung, die eine Verletzung der Menschenrechte bedeutet, die Auseinandersetzungen zwischen Gefangenen und Sicherheitskräften, das Bestehen von Mafias, die Drogen- und Waffenhandel betreiben. Hinzu kommen Machtkämpfe und Verzögerungen bei Prozessen.
Einer Statistik zufolge verbringen 60 Prozent der Gefängnisbevölkerung in Venezuela mehr als zwei Jahre hinter Mauern, ohne ein Urteil zu erhalten. Die zuständige Ministerin erklärt ganz offen, in 35 von 49 Strafanstalten übten die Bosse von Gangs – sogenannte „Pranes“ – die Macht aus. Während Venezuelas Gefängnisse auf eine Kapazität von 16.539 Insassen ausgelegt sind, sitzen 52.933 Gefangene ein. Im Jahr 2012 starben fast 600 Gefangene - die höchste Anzahl seit 14 Jahren.
Mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit
Wir wissen zwar, dass das neue Ministerium für Strafvollzugsangelegenheiten einiges unternimmt, etwa im Bereich des Sports. Aber angesichts der gravierenden Lage in Venezuelas Gefängnissen reicht dies nicht aus. Der Staat muss echte Antworten geben, die zu einer wirklichen Veränderung in den Strafanstalten führen, im Sinne von mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit. So muss zum Beispiel die Verzögerung von Prozessen ein Ende haben, und das Gefängnispersonal darf nicht ohne Ausbildung bleiben.
Wir fordern daher den venezolanischen Staat dazu auf, die Strukturen in den Gefängnissen zu verbessern und die unmenschlichen Bedingungen zu beseitigen, in denen die Gefangenen leben. Dies lässt sich allerdings nur dann erreichen, wenn der Staat die Strafanstalten vollständig unter Kontrolle hat. Unter Hinzuziehung von Menschenrechtsorganisationen muss das Strafsystem auf den Prüfstand gestellt werden. Ziel hierbei ist es, den Gefangenen zu helfen, den Sinn ihres Lebens zu finden, so dass sich die Strafe in eine Chance zu Umkehr und persönlicher Entwicklung verwandelt.
Keine Waffen und Drogen im Gefängnis
Venezuelas Behörden müssen sorgfältig die Vorfälle von Gewalt in den Gefängnissen untersuchen, um die Ursachen und die Verantwortlichen zu ermitteln. Angebrachte Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass sich ähnliche Ereignisse in Zukunft nicht mehr wiederholen. Die Überfüllung der Gefängnisse muss abgebaut werden. Waffen, Drogen und Alkohol dürfen nicht mehr in die Strafanstalten gelangen können. Wenn der Staat die Übel nicht ausrottet, handelt er gleichgültig oder wird gar zum Komplizen.“
Deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel
Insassen im Gefängnis von Ouanaminthe, Haiti. Foto: Pohl/Adveniat.