Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Kolumbien |

Bischof: Abwesenheit des Staates fördert Umweltzerstörung

Die Farc geht und neues Unheil droht: Bischof Pinzón beklagt den Raubbau an der Natur im Amazonasgebiet. Foto: privat
Die Farc geht und neues Unheil droht: Bischof Pinzón beklagt den Raubbau an der Natur im Amazonasgebiet. Foto: privat

Bis vor einigen Monaten befanden sich Puerto Leguízamo und die gesamte Region unter der Kontrolle der ehemaligen Guerilla Farc (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia). Hat der Friedensvertrag zu einer Veränderung der Situation geführt?

Bischof Joaquín Humberto Pinzón Güiza: Ja, es hat eine Veränderung stattgefunden. Die überwiegende Mehrheit der Farc-Mitglieder hat sich zu den von der Regierung eingerichteten Sammlungsorten begeben. Die Guerilla übt nicht mehr jene soziale Kontrolle aus, die sie über einen Großteil des Gebietes besaß. Allerdings fehlt jetzt eine Antwort von Kolumbiens Regierung. Denn die Menschen hier fragen sich: Wer hat heute eigentlich die Macht? Es herrscht Ungewissheit. Die Leute haben Angst, dass andere Gruppen kommen könnten, die außerhalb des Gesetzes stehen, die in der Nachfolge der Farc die Kontrolle ergreifen. Kurz gefasst: Ja, die Menschen sind einerseits froh über den Wandel, es gibt auf der anderen Seite aber Konfusion, weil die Regierung Antworten schuldig bleibt, wie sich das von den Farc hinterlassene Machtvakuum füllen lässt.

Ein weiteres Problem, das sich offenbar verschärft, stellt der Bergbau dar, vor allem die illegale Suche nach Gold.

Der illegale Bergbau ist ein ziemlich ernstes Problem, da es keinerlei Kontrolle gibt. Die Goldschürfer kommen einfach und richten sich an Orten ein, wo sie sich vor den Augen der Behörden verstecken können. Bei der Goldsuche werden Methoden angewendet, die der Umwelt schaden. Diese Personen sind nur am Gold interessiert und scheren sich nicht um Vorkehrungen, die die Auswirkungen auf die Umwelt abmildern könnten.

Ist der Rio Putumayo im kolumbianischen Amazonasgebiet durch Quecksilber verseucht?

Ja, das sorgt ständig für Probleme. Wenn der Fluss verseucht ist, sind auch die Fische verseucht. Das Quecksilber wird dann von den Menschen aufgenommen, die die Fische essen. Allmählich lagert sich im Körper immer mehr von dem giftigen Schwermetall ab, das er nicht abbauen kann.

In den Nachbarländern Ecuador und Peru zerstören Erdölunternehmen das Amazonasgebiet und verschmutzen die Flüsse. Wie sieht es diesbezüglich in Kolumbien aus?

Es gibt Erkundungen des Bodens, um herauszufinden, ob sich Öl fördern lässt. Zwar finden Gespräche mit den betroffenen Gemeinden statt, doch sind die Menschen nicht ausreichend vorbereitet auf die Situation. Also lassen sie sich manchmal für etwas Geld kaufen. Die Leute sind sich einfach nicht bewusst, welche Auswirkungen die Erdöl-Aktivitäten haben können.

Ihr Vicariat hat im November 2017 grenzübergreifend eine sogenannte „Minga“ veranstaltet. Was hat es damit auf sich?

Bei „Minga“ handelt es sich um ein Wort aus der Quechua-Sprache. Es bedeutet, dass man jemandem etwas anbietet im Tausch gegen eine andere Sache. In der Praxis kann man sich darunter eine Art Gemeinschaftsarbeit vorstellen, die allen Beteiligten nutzt, und zu der alle etwas beitragen. Wir wollten einen Raum zum gemeinsamen Nachdenken schaffen. Eingeladen waren auch ein Bischof aus Peru und ein anderer kolumbianischer Bischof. Ob Vertreter der Kirche, Politiker oder Umweltschützer - alle einte uns die Sorge um das Leben im Amazonasgebiet und die Frage, wie wir als verantwortungsbewusste Bewohner nach Wegen einer nachhaltigen Entwicklung suchen können.

Im November 2019 wird eine Synode für das Amazonasgebiet stattfinden. War die Minga eine Art Vorgriff hierauf?

Ja, das könnte man so sagen, aber es hört sich vielleicht etwas hochmütig an. Wir haben geträumt. Im Prinzip hat Papst Franziskus uns mit seiner Enzyklika Laudato si' herausgefordert. Sie war ein Geschenk für die Menschheit. Wir im Amazonasgebiet Lebenden haben uns sehr in Einklang mit der Enzyklika gefühlt. Und nicht nur mit ihr, sondern mit der Sensibilität dieses Papstes für die Umwelt generell.

Wie wichtig ist Bildung für den Schutz des Amazonasgebietes?

Wir brauchen ein Bildungssystem, das uns hierbei hilft. Bis jetzt sind wir nicht nur an den Konsum gewohnt, sondern an grenzenlosen Konsum. Wir brauchen eine neue Bildung, die auf einer anderen Mentalität aufbaut, die uns zu verantwortungsbewussten Menschen macht hinsichtlich der Nutzung der Ressourcen.

Interview: Paolo Moiola,Quelle: http://www.comunicacionesaliadas.com/

deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

Forderungen an die Bundesregierung

Der Klimawandel und die rücksichtslose Ausbeutung von Rohstoffen zerstören die Lebenswelt der indigenen Völker Lateinamerikas. Daran sind auch deutsche Unternehmen beteiligt. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat gemeinsam mit dem Netzwerk Repam und anderen internationalen Organisationen Forderungen aufgestellt: Unsere Forderungen

Weitere Nachrichten zu: Politik, Umwelt

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz